Daisaku Ikeda 26.01.2018

Auf dem Weg zu einer Ära der Menschenrechte: Aufbau einer Volksbewegung Friedensvorschlag 2018

© 2018 SGI-Deutschland e.V.

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© Daisaku Ikeda
Englische Übersetzung © Soka Gakkai
Deutsche Übersetzung © Soka Gakkai International-Deutschland e. V.



Inhalt


Die spirituellen Quellen der Menschenrechtsgesetze

Die Flamme menschlicher Güte

Eine Welt ohne Tragödien

Die Kraft der Menschenrechtsbildung

Lernen, miteinander zu leben

Eine Kultur der Menschenrechte – aufgebaut aus geteilter Freude

Lektionen zur Abwendung eines Atomkriegs

„Damit niemand das erleiden muss, was wir erduldet haben."

Zugang zu Bildung für Kinder mit Migrationshintergrund

Die Menschenrechte der Älteren

Der Zusammenschluss kommunaler Gemeinschaften für den Klimaschutz

Empowerment von Frauen – Schlüssel zur Lösung globaler Herausforderungen

Bibliografie

Das Jahr 2017 erwies sich als ein Wendepunkt für Frieden und Abrüstung. Eine Reihe von Verhandlungen bei den Vereinten Nationen führte schließlich im Juli 2017, zur Verabschiedung des Atomwaffenverbotsvertrags (TPNW). Bisher ist er von über 50 Staaten unterzeichnet worden. Sobald der Vertrag in Kraft tritt, wird er den Verboten von chemischen und biologischen Waffen folgen und das internationale Rahmenwerk vervollständigen, das jegliche Massenvernichtungswaffen untersagt.

Der Gedanke der Abschaffung von Massenvernichtungswaffen – einschließlich der Atomwaffen – stand von Anfang an auf der Agenda  der UN und geht zurück auf den allerersten Beschluss der Generalversammlung im Januar 1946, dem Jahr nach der Gründung der Vereinten Nationen. Die Verabschiedung des Meilensteins TPNW stellt einen Durchbruch auf einem Gebiet dar, das von einem  scheinbar ausweglosen Stillstand gekennzeichnet war. Darüber hinaus ist der Vertrag mit starker Unterstützung aus der Zivilgesellschaft realisiert worden. Hierzu gehören die Überlebenden der Atombombenabwürfe, die Hibakusha.

Ihr Engagement erfuhr Anerkennung, als der Friedensnobelpreis 2017 an die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) ging, ein zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss, der kontinuierlich auf eine vertragsbasierte Abschaffung der Atomwaffen hin gearbeitet hat. Setsuko Thurlow ist eine Überlebende des Atombombenabwurfs über Hiroshima. Sie sprach bei der Verleihung des Friedensnobelpreises im Dezember 2017 nach Beatrice Fihn, der Direktorin von ICAN. Dabei machte sie folgende Erklärung: „Die Menschheit und nukleare Waffen können nicht nebeneinander existieren … Diese Waffen stellen kein unvermeidbares Übel dar, sondern sie sind das absolute Böse.“[1]

Diese Überzeugung wird von den Mitgliedern der Soka Gakkai International (SGI) geteilt. Sie arbeiten bereits seit den Anfängen von ICAN mit der Kampagne zusammen. Diese Kooperation wurde noch weiter gefestigt, als Frau Fihn im Januar 2018 die Zentrale der Soka Gakkai in Japan besuchte.

Denjenigen, die als Feinde angesehen werden, grundlegend ihre Existenz abzusprechen und bereit zu sein, sie mittels einer extrem destruktiven Kraft auszulöschen – diese grausame Tendenz, die menschliche Würde zu verleugnen, liegt der Denkweise zugrunde, die den Besitz von Atomwaffen rechtfertigt. Dies entspricht genau dem, was mein Mentor Josei Toda, der zweite Präsident der Soka Gakkai (1900–1958), in seinem Aufruf zur Abschaffung der Atomwaffen im September 1957 zum Ausdruck brachte. Dies war inmitten des sich immer weiter zuspitzenden Rüstungswettlaufs des Kalten Krieges. Als sich die nukleare Bedrohung im Namen eines auf Abschreckung basierenden Friedens ausweitete, erklärte Toda: „Ich möchte die Klauen, die im tiefsten Inneren solcher Waffen verborgen liegen, enthüllen und ausreißen.“[2]

Er verurteilte die zutiefst unmenschliche Natur von Atomwaffen als elementare Gefahr für das Recht der Menschen auf Leben.

Der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (TPNW)

Der Vertrag über das Verbot von Atomwaffen (TPNW) ist die erste international verbindliche Vereinbarung zum umfassenden Verbot von Atomwaffen mit dem Ziel ihrer letztendlichen Eliminierung. Der Vertrag wurde am 7. Juli 2017 im Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York von 122 Ländern verabschiedet. Damit er in Kraft treten kann, muss er von mindestens 50 Ländern ratifiziert werden. Mit Stand Januar 2018 ist er von 56 Ländern unterschrieben und von 5 Ländern ratifiziert worden. Seine 20 Artikel enthalten Bestimmungen, nach denen die unterzeichnenden Staaten sich damit einverstanden erklären, Atomwaffen weder zu entwickeln noch herzustellen, zu testen, weiterzugeben, zu besitzen, zu lagern, einzusetzen oder mit ihrem Einsatz zu drohen. Staaten, die gegenwärtig ein Atomwaffenarsenal besitzen, können dem Vertrag unter der Bedingung eines zeitgebundenen Plans zur nachgewiesenen und  unwiderruflichen Abschaffung ihres Atomwaffenprogramms beitreten. Die Unterstützer des Vertrags sind der Auffassung, dass er  einen wichtigen Schritt zu einer atomwaffenfreien Welt darstellt, indem er Atomwaffen unter internationales Recht stellt.

Vor einem halben Jahrhundert (im Mai 1968) hielt ich einen Vortrag, als die Verhandlungen zum Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV) gerade zu einem Abschluss kamen. Ich hatte mir Herrn Todas Aufruf zu Herzen genommen und sagte, dass es über die Vereinbarung des NVV hinaus wichtig sei, atomare Waffen in allen ihren Phasen und Aspekten zu verbieten, und zwar die Herstellung, den Einsatz und die Erprobung solcher Waffen.

Außerdem habe ich vor 40 Jahren (1978) anlässlich der Ersten Sondersitzung der UN-Generalversammlung zur Abrüstung einen zehn Punkte umfassenden Vorschlag zur Abrüstung und Abschaffung von Atomwaffen verfasst. Später schrieb ich anlässlich der Zweiten UN-Sondersitzung über Abrüstung (1982) ebenfalls einen Vorschlag. Im folgenden Jahr begann ich damit, jedes Jahr einen  Friedensappell zu publizieren, um damit an die Gründung der SGI am 26. Januar zu erinnern – eine Bemühung, die ich über die letzten 35 Jahre hinweg fortgesetzt habe, in der Hoffnung, dadurch einen Weg in Richtung des Verbots und der Abschaffung von Atomwaffen zu bahnen.

Warum habe ich mich so entschlossen darauf konzentriert, eine Lösung für das Atomwaffenproblem zu finden? Weil – so wie es Josei Toda erkannt hatte – das Streben nach Weltfrieden und Menschenrechten für alle erfolglos bleiben wird, solange Atomwaffen existieren.

Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN)

Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) ist ein zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss, der in Genf  (Schweiz) seinen Sitz hat und im Jahr 2007 gegründet wurde. Mit Stand von Januar 2018 setzt sich dieses Bündnis aus 468  Nichtregierungsorganisationen in 101 Ländern weltweit zusammen. Es repräsentiert Millionen von Menschen, die das gemeinsame Ziel haben, eine Welt zu erschaffen, die frei von der Bedrohung durch Atomwaffen ist. Die SGI war seit den ersten Anfängen internationale Partnerin dieser Bewegung zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt. ICAN erhielt 2017 den Friedensnobelpreis als  Anerkennung ihrer „Arbeit, die Aufmerksamkeit auf die katastrophalen Konsequenzen jeglicher Art der Nutzung von atomaren Waffen zu richten“ sowie für ihre „bahnbrechenden Bemühungen, ein vertragsbasiertes Verbot dieser Waffen zu erreichen“. Seit der Verabschiedung des Atomwaffenverbotsvertrags im Juli 2017 liegt das Hauptaugenmerk von ICAN darauf, immer mehr Länder davon zu überzeugen, den Vertrag zu unterzeichnen, zu ratifizieren und umzusetzen. Dies geschieht durch Veranstaltungen, die das öffentliche Bewusstsein für dieses Thema stärken, durch Lobbyarbeit bei den Vereinten Nationen sowie in den Länderparlamenten, oft in Zusammenarbeit mit den Hibakusha.

Eine Organisation, mit der die SGI im Einsatz für nukleare Abrüstung starke Bande geknüpft hat, sind die Pugwash Conferences on Science and World Affairs. Jayantha Dhanapala, der bis zum Jahr 2017 Präsident dieser Organisation war, betonte, dass bei der Inangriffnahme der Vielzahl an weltweiten Herausforderungen, einschließlich des Atomwaffenproblems, ein moralischer Kompass unerlässlich sei. Er schreibt: „Es ist eine weit verbreitete, aber dennoch falsche Annahme, dass der Bereich ethischer Werte und die Welt pragmatischer Politik weit voneinander entfernt seien und niemals zueinander finden würden. Die Errungenschaften der Vereinten Nationen zeigen, dass es eine Verbindung von Politik und Ethik geben kann, und es ist diese Verbindung, die zum Frieden und zur  Besserstellung der Menschheit beiträgt.“[3]

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR), deren Verfassung vor siebzig Jahren wir in diesem Jahr feiern, kann hierfür als Pionierbeispiel gelten. An dieser Stelle möchte ich mit Blick auf die Bedeutung der AEMR einige Gedanken und Betrachtungen zu einem menschenrechtsbasierten Ansatz zur Lösung globaler Probleme äußern. Ich bin der Auffassung, dass ein Ansatz, der in der  Sorge um das Leben und die Würde jedes Menschen wurzelt, eine Verbindung von Ethik und Politik herbeiführen kann, die für eine  wirkungsvolle Lösung nötig ist.

Die spirituellen Quellen der Menschenrechtsgesetze

Als erstes möchte ich hervorheben, dass die Menschenrechte auf dem Schwur basieren, niemals zuzulassen, dass andere erleiden, was man selbst erduldet hat.

Im letzten Jahr schuf UN-Generalsekretär António Guterres die neue Stelle einer Sonderbeauftragten für Internationale Migration, um die Herausforderungen anzugehen, die im Zusammenhang mit Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund verbunden sind. Heute, bei weltweit etwa 258 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund[4] sowie einer ständig wachsenden Zahl an Geflüchteten, nähren negative Stereotype ein Klima sozialer Ausgrenzung – etwa dass diese Menschen eine Last oder eine Bedrohung seien.

Louise Arbour, die erste Amtsinhaberin dieser Stelle, konstatierte: „Einer der Punkte, die wir hervorheben müssen, ist das Bedürfnis der Menschen mit Migrationshintergrund – wie das eines jeden – dass ihre fundamentalen Menschenrechte respektiert und geschützt  werden, ohne dass sie aufgrund ihres Status diskriminiert werden.“[5]

Diese Auffassung sollte als Grundlage zur Lösung der sogenannten Migrations- und Flüchtlingskrise dienen. Wie die Geschichte des 20. Jahrhunderts mit ihren zwei Weltkriegen zeigt, kann die Anstiftung zu Geringschätzung und Feindseligkeit gegenüber bestimmten Menschengruppen in einer Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes enden. Die AEMR, die im Dezember 1948 verabschiedet wurde – drei Jahre nach der Gründung der Vereinten Nationen – war eine Kristallisation der Weisheit, die aus diesen bitteren Lektionen gewonnen  worden war. Es ist demnach unverzichtbar, den Geist dieser Deklaration ein weiteres Mal zu bekräftigen, um eine Lösung für die verschiedenen Menschenrechtsprobleme zu finden, denen wir heute gegenüberstehen, einschließlich der Diskriminierung von  Geflüchteten sowie Migrantinnen und Migranten.

Im Juni 1993 hatte ich die Gelegenheit, mich mit Dr. John P. Humphrey (1905–1995) zu treffen, der in seiner Eigenschaft als erster  Direktor der Menschenrechtsabteilung der Vereinten Nationen an dem Entwurf der Deklaration mitgearbeitet hat. Als wir über die Bedeutung der AEMR diskutierten, sprach Dr. Humphrey auf bewegende Weise von seinen persönlichen Lebenserfahrungen und der diskriminierenden Behandlung, die er selbst erlitten hatte.

Dr. Humphrey wurde in Kanada geboren. Seine Eltern starben an einer Krankheit, als er noch ein Kind war. Außerdem wurde er während eines Brandes schwer verletzt und verlor dadurch einen Arm. Er wurde von seinen Geschwistern getrennt und besuchte ein Internat, wo die anderen Schüler ihn immer wieder schikanierten. Kurz nach Abschluss seines Studiums und nur einen Monat nach der Hochzeit mit seiner Frau kam es zur Weltwirtschaftskrise. Obwohl es ihm gelang, in Anstellung zu bleiben, litt er sehr, angesichts der Vielzahl an Arbeitslosen, die er um sich herum sah. Während seiner Zeit als Wissenschaftler im Europa der späten 30er Jahre erlebte  er die Unterdrückung durch die Faschisten. Dies verstärkte seinen Sinn für die Notwendigkeit eines international verbindlichen Schutzes der Rechte aller Menschen. Dr. Humphrey reflektierte einmal, wie stolz er angesichts der Tatsache sei, dass die AEMR nicht nur die bürgerlichen und politischen Rechte der Menschen, sondern ebenso ihre wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte sicherstellte.[6] Ich bin mir sicher, dass sein persönlicher Hintergrund und seine Lebenserfahrung einen großen Einfluss auf seine Mitarbeit an der Deklaration hatte.

Er betonte, dass die AEMR das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Anstrengung gewesen sei und dass sie einen bestimmten Grad ihrer Geltung und Bedeutung der Tatsache verdankt, dass ihre Verfasserinnen und Verfasser ihre Anonymität bewahrten. Vielleicht kommt es daher, dass sein Beitrag weitgehend unbekannt geblieben ist, selbst nachdem er nach 20 Jahren aus seinem Amt als Leiter der UN-Menschenrechtsabteilung ausschied.[7]

Und dennoch – als Dr. Humphrey mir persönlich ein Faksimile des Entwurfs der Deklaration als Geschenk überreichte, schien jeder handgeschriebene Buchstabe im Lichte des Gebets eines Menschen zu leuchten, der die Samen für eine Zukunft gesät hatte, in der alle Menschen in Würde leben würden. Über viele Jahre hinweg präsentierte die SGI diesen Entwurf der AEMR als Teil der Ausstellung In Richtung auf ein Jahrhundert der Menschlichkeit: Ein Überblick über die Menschenrechte in der heutigen Zeit sowie bei ähnlichen Anlässen.

Ich war in der glücklichen Lage, Dr. Humphrey im September 1993 ein zweites Mal zu treffen, und zwar während der ersten  internationalen Präsentation dieser Ausstellung in Montreal, Kanada. Das Versprechen, das ich ihm an diesem Tag gab, nämlich den Geist der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte an die zukünftigen Generationen weiterzugeben, bleibt bis heute in mir lebendig. 

Die Flamme menschlicher Güte

Neben der Verabschiedung der AEMR markiert das Jahr 1948 den Beginn der Politik der Rassentrennung in Südafrika, auch als Apartheid bekannt. Nelson Mandela (1918–2013), der später Präsident Südafrikas wurde, wandelte seine Gefühle des Zorns und des Kummers für die von ihm erlittene Ungerechtigkeit und Diskriminierung in seinen Kampf gegen die Apartheid um. Im Oktober 1990 hatte ich zum ersten Mal die Freude, Präsident Mandela zu treffen. Das war acht Monate nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis.

In seiner Autobiografie beschreibt er, was ihn dazu antrieb, sich in seiner Jugend dem Kampf für die Freiheit zu widmen: „Es war eine ständige Anhäufung von tausend verschiedenen Dingen, tausend Kränkungen, tausend unerinnerten Momenten, die Wut in mir  erzeugten, rebellische Haltung, das Verlangen, das System zu bekämpfen, das mein Volk einkerkerte.“[8]

Trotz der brutalen Behandlung, der er im Gefängnis ausgesetzt war, versank Präsident Mandelas Herz niemals in Hass. Selbst in den furchtbarsten Zeiten hielt er an dem „Schimmer von Humanität“[9] fest, den er in seinen Wächtern erkannte, und nutzte dies, um durchzuhalten.

Präsident Mandela, der spürte, dass nicht alle Weißen Hass gegenüber Schwarzen hegten, bemühte sich darum, Afrikaans zu lernen – die Sprache, die seine Gefängniswärter sprachen. Es gelang ihm, ihre Herzen zu erweichen, indem er sie in ihrer Muttersprache  ansprach. Sogar der despotische Gefängnisaufseher zeigte ihm gegenüber zum ersten Mal einen gewissen Grad an Wärme, als dieser seine Stelle wechselte. Durch diese unerwartete Erfahrung verstand Präsident Mandela, dass dessen ständige Gewaltsamkeit in einer „Unmenschlichkeit, die ihm von einem unmenschlichen System aufgezwungen worden war“ wurzelte.[10]

Während seines 27 Jahre, also etwa zehntausend Tage, dauernden Gefängnisaufenthaltes hegte Präsident Mandela die feste  Überzeugung, dass „die Güte des Menschen eine Flamme ist, die zwar versteckt, aber nicht ausgelöscht werden kann“.[11] Nach seiner  Freilassung setzte er sich als Präsident des Landes dafür ein, das Leben und die Würde aller Menschen zu schützen, sei ihre Hautfarbe  nun schwarz oder weiß.

Als der Zorn gegen die Weißen innerhalb der schwarzen Gemeinde einmal mehr durch ein Massaker an Schwarzen angeheizt wurde, begnügte sich Präsident Mandela nicht einfach mit abgegriffenen Phrasen über Harmonie. Inmitten einer Wahlkampfrede rief er plötzlich eine weiße Frau zu sich auf die Bühne, die am hinteren Ende der Zuhörerschaft stand. Lächelnd stellte er sie der Menge als die Person vor, die ihn gesund gepflegt hatte, als er im Gefängnis krank geworden war.

Nicht Rassenunterschiede sind das Problem. Das Problem liegt vielmehr im menschlichen Herzen. Die Stimmung der Menge schlug um, als sie diese Botschaft vor sich enthüllt sah, und ihr Impuls nach Rache erlosch. Präsident Mandelas Handeln schien in diesem  Moment zu offenbaren, wie schmerzlich es ihm bewusst war, dass die Ketten eines unmenschlichen Systems einen Menschen seiner Menschlichkeit berauben können.

Im Buddhismus, der von den Mitgliedern der SGI ausgeübt wird, wird ein Bodhisattva namens Niemals Verachtend gerne als Beispiel benutzt. Seine konsequente Ausübung, niemanden zu verachten, kommt ebenfalls aus der Überzeugung, dass die Flamme der menschlichen Güte zwar verdeckt, aber niemals vollständig ausgelöscht werden kann. Bodhisattva Niemals Verachtend ist eine Figur,  die im Lotos-Sutra, das die Essenz von Shakyamunis Lehren enthält, beschrieben wird. Getreu seinem Schwur, niemals auf andere  herabzusehen, wie sehr sie ihn auch mit Geringschätzung behandeln mögen, verbeugt sich dieser Bodhisattva in Verehrung vor jedem Menschen, den er trifft. Selbst wenn er beleidigt oder schlecht behandelt wird, weigert er sich, seine Ausübung aufzugeben, und sagt  stattdessen: „Sie werden auf jeden Fall die Buddhaschaft erlangen.“

Bis zuletzt ließ Präsident Mandela in seinem Vertrauen in die Menschlichkeit nicht nach, trotz der Gewalt, die er im Gefängnis hatte erdulden müssen. In gleicher Weise fährt Bodhisattva Niemals Verachtend damit fort, an die einzigartige Würde zu glauben, die in den anderen Menschen liegt, egal wie sehr sie ihn auch missachten.

Nichiren (1222–1282), der den Buddhismus im Japan des 13. Jahrhunderts basierend auf der im Lotos-Sutra enthaltenen Lehre von der Würde aller Menschen verbreitete, erläutert, dass der Geist dieses Sutra im Verhalten von Bodhisattva Niemals Verachtend zu finden sei. Er schreibt: „Bodhisattva Niemals Verachtend verehrte die Menschen zutiefst – was bedeutet seine Haltung? Der Zweck des Erscheinens von Buddha Shakyamuni, dem Herrn der Lehren, in dieser Welt, liegt in seinem Verhalten als Mensch.“[12]

Tatsächlich ist es so, dass Shakyamunis Handlungen, eine Flamme der Hoffnung in den Herzen der Menschen zu entzünden, nicht das Ergebnis übersinnlicher Fähigkeiten waren. Sie entsprangen dem sehr menschlichen Wunsch, in irgendeiner Weise die Leiden  derjenigen zu mildern, die seinen Weg kreuzten.

Einmal wusch und ermutigte Shakyamuni einen seiner Schüler, der aufgrund einer Krankheit bettlägerig geworden war. Er war nicht imstande, dessen Notlage zu ignorieren, selbst als andere dazu kamen, um sich um den Kranken zu kümmern. Als ein blinder Schüler versuchte, den Saum seines Gewandes zu flicken, und murmelte „Ist hier niemand, der die Nadel für mich auffädeln will?“, war es Shakyamuni, der auf ihn zuging, um ihm seine Hilfe anzubieten. Selbst als er aufgrund des Todes seiner zwei treuesten Schüler voller Kummer war, hörte Shakyamuni nicht auf, sondern hielt sich selbst dazu an, weiter zu machen. Auch mit achtzig Jahren und im  Bewusstsein seiner körperlichen Einschränkungen fuhr er bis zum letzten Moment seines Lebens fort, seine Lehren zum Wohle anderer weiterzugeben.

Zu den Menschen hinzugehen, die in den Tiefen der Hoffnungslosigkeit versunken sind, in den Herzen derjenigen, die sich inmitten schmerzvoller Lebensumstände befinden, die Sonne aufgehen zu lassen, niemals darin nachzulassen, andere zu ermutigen – dieses zutiefst menschliche Verhalten Shakyamunis ist die Quelle, aus der der lebendige Fluss der Philosophie des Lotos-Sutra von der Würde des Lebens bis heute hervorströmt.

In der Tradition des Mahayana-Buddhismus betrachtet man den Buddha als ein ganz gewöhnliches Wesen, das den höchsten Respekt verdient. Als ein solches Wesen ist ein Buddha in keiner Weise von der Menschheit entfremdet. Bodhisattva Niemals Verachtend  verkörpert vorbildlich die grundlegende Lehre des Lotos-Sutra, wie unser Leben im erhabenen Licht der Buddhaschaft erstrahlen kann: durch unsere Bemühungen, zu unserer eigenen Würde zu erwachen und sie zu genießen, während wir gleichzeitig für die anderen um uns herum liebevoll sorgen und sie schätzen.

Nichiren beschrieb diese transformative Kraft des Lebens wie folgt: „Wir werden so Vater und Mutter [dieses Buddha] der  vollkommenen Erleuchtung und der Buddha ist das Kind, dem wir das Leben schenken.“[13] Jeder Mensch, der sich für das  Wohlergehen anderer einsetzt, auch wenn er gerade selbst persönliche Härten zu tragen hat, manifestiert sein ursprüngliches Wesen und erfüllt seine urei­gene Aufgabe, die Gesellschaft mit dem Licht der Würde des Lebens zu erleuchten.

Das Gleiche kann von den Menschenrechten gesagt werden. Sie werden uns nicht durch Gesetze oder Verträge gegeben. Der  Imperativ, die Freiheit und Würde aller Menschen zu schützen, erwächst aus der Tatsache, dass jede und jeder von uns ursprünglich kostbar und unersetzlich ist. Wie die Lebensgeschichten von Dr. Humphrey und Präsident Mandela zeigen: Menschen, die den Menschenrechtsgesetzen erfolgreich Leben eingehaucht haben, waren immer Persönlichkeiten, die harsche gesellschaftliche Barrieren nach und nach eingerissen haben und dabei nicht zuließen, dass andere erleiden, was sie selbst erdulden mussten, als sie der Erniedrigung und Verletzung ihrer eigenen Menschenrechte ausgesetzt waren.

Eine Welt ohne Tragödien

Die Friedensbewegung der SGI wurzelt in den Überzeugungen ihres Gründungspräsidenten Tsunesaburo Makiguchi (1871–1944) und des zweiten Präsidenten Josei Toda, die beide während des Zweiten Weltkriegs Widerstand gegen das japanische Militärregime  leisteten. In seinem Buch Die Geografie des menschlichen Lebens, das er Anfang des 20. Jahrhunderts geschrieben hatte, drückte Makiguchi seine Sorge über das Leid der Weltbevölkerung inmitten des expandierenden Kolonialismus aus: „Bei dem Versuch, die  Kontrolle über andere Länder zu erlangen, zögern [die imperialistischen Mächte] nicht, grausame Gewalttaten zu begehen.“[14]Im Jahr 1930, als der wachsende Militarismus in Japan erheblichen Einfluss auf das Erziehungssystem bekam, veröffentlichte Makiguchi sein Werk System der Werte schaffenden Pädagogik. Darin erörtert er, dass die Erziehung die Fähigkeit der Lernenden erweitern sollte, Werte für das eigene Glück wie auch für das Glück der Gesellschaft als Ganze zu schaffen. Er hielt an dieser Überzeugung fest und fuhr damit fort, seine Gedanken in die Tat umzusetzen, selbst als die militaristischen Machthaber alle Bereiche des täglichen Lebens immer strenger kontrollierten. Die Grundlage für diese Einflussnahme boten das Nationale Mobilisierungsgesetz und Parolen wie „das Selbst auslöschen und dem Staat dienen“ (Jap.: messhi hoko). Makiguchi übte strenge Kritik an dem Regime und hielt daran fest: „Das Selbst aufzulösen und sich seiner Selbst zu entledigen ist eine Lüge. Der Wahrheit entspricht es jedoch, nach echtem Glück für sich und für andere zu streben.“[15]

Das Nationale Mobilisierungsgesetz

Nach seiner Verabschiedung im März 1938 ermöglichte das Nationale Mobilisierungsgesetz dem japanischen Staat, die Wirtschaft und das Leben seiner Bürgerinnen und Bürger zu kontrollieren, ohne das Parlament zu Rate zu ziehen. Trotz offener Kritik seitens des japanischen Parlaments trat das Gesetz aufgrund des starken Drucks, den das japanische Militär ausübte, in Kraft. Der Krieg mit China zog sich in die Länge. Dies belastete die japanische Wirtschaft zunehmend, da das Militär ein jährliches Budget von über 2,5 Millionen Yen einforderte, ein Betrag, der annähernd dem gesamten Staatshaushalt des vorangegangenen Jahres entsprach. Das Gesetz verlieh den japanischen Behörden weitreichende Hoheitsgewalt über die Wirtschaft, einschließlich der Möglichkeit, Arbeiterinnen und Arbeiter für die Kriegsindustrie einzuberufen. Bis zur Abschaffung des Gesetzes im Dezember 1945 wurden Millionen von jungen Männern und Frauen genötigt, in Fabriken zu arbeiten. Für viele bedeutete dies, dass sie ihre Ausbildung entweder beenden oder unterbrechen mussten. 

Makiguchi gab der Regierung und ihren ideologischen Maßregelungen nicht nach, selbst als die Publikationen der von ihm gegründeten Bewegung verboten wurden und die japanische Geheimpolizei verstärkt ihre Zusammenkünfte überwachte. Er fuhr fort, seine Meinung zu sagen, und als Konsequenz davon wurde er im Juli 1943 verhaftet und angeklagt, das Gesetz zur Wahrung des Friedens verletzt zu haben und sich der Blasphemie gegenüber dem Shinto-Staat und dem Kaiser schuldig gemacht zu haben. Sein engster Gefährte Josei Toda sowie andere Verantwortliche der Organisation wurden zusammen mit ihm festgenommen.

Inhaftiert und seiner Grundrechte auf freie Meinungsäußerung, dem Versammlungsrecht und der freien Religionsausübung beraubt,  blieb Makiguchi dennoch bis zum letzten Augenblick seines Lebens seinen Überzeugungen unerschütterlich treu. Er starb mit 73 Jahren im Gefängnis.

Nelson Mandela schrieb, dass eine neue Welt nicht durch passive Zuschauer erschaffen wird, sondern dass vielmehr „denjenigen Ehre gebührt, die niemals die Wahrheit aufgeben, auch wenn alles dunkel und düster wirkt, die immer wieder den Erfolg suchen, die sich niemals durch Beleidigungen, Erniedrigungen, ja nicht einmal durch Niederlagen entmutigen lassen.“[16]

Wenn wir uns einzig auf die Tatsache konzentrieren, dass Makiguchi im Gefängnis starb, dann mag es so erscheinen, als ob seine Ideale niemals gefruchtet hätten. Doch seine Vision wurde durch Toda am Leben gehalten, der die Qualen der Haft an seiner Seite erduldete.

Als der Koreakrieg vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen des Kalten Krieges ausbrach, war Toda nicht in Fragen der internationalen Politik vertieft, sondern drückte seine ernsthafte persönliche Sorge aus, als er sagte: „Es ist nicht meine Absicht, über Angelegenheiten von Sieg oder Niederlage zu debattieren oder über das Pro und Kontra von politischen Strategien und Ideologien. Mich bekümmert vielmehr der Gedanke, dass der Krieg für zahllose Menschen den Verlust ihrer Ehemänner oder Ehefrauen bedeutet  und auf diese Weise viele Menschen dazu gezwungen werden, nach ihren verlorenen Kindern oder Eltern zu suchen.[17] Die Menschen wissen nicht mehr, wo sie hingehören. Nichts bringt mehr Elend mit sich, als alle Hoffnung für sein geliebtes Heimatland zu  verlieren.“[18]

Wie bei Makiguchi war auch Todas Sorge ständig auf die Not der einfachen Menschen gerichtet.

So auch während des Ungarn-Aufstands von 1956. Während er die politische Geschichte, die zu dem Aufstand geführt hatte, genau kannte, lag sein eigentlicher Fokus auf dem enormen Leid der Bevölkerung. In diesem Sinne erklärte er: „Es ist mein sehnlichster Wunsch, so bald wie möglich eine Welt zu erschaffen, die frei von solchen Tragödien ist.“[19] Er schwor, eine Volksbewegung hervorzubringen, die einen wahrhaft umwälzenden Einfluss ausüben würde.

Toda drückte seine Überzeugung in einer Vision aus, die er „globalen Nationalismus“ nannte (Jap.: chikyu minzokushugi). Für Toda bedeutete dies, eine Welt zu erschaffen, in der die Menschen niemals erleben müssen, dass ihre Rechte mit Füßen getreten werden, unabhängig von ihrer Nationalität. Er betonte ebenfalls, dass Atomwaffen, die den Menschen das fundamentale Recht auf Leben absprechen, das absolute Böse verkörperten, das nicht toleriert werden dürfe. Sieben Monate vor seinem Tod gab er eine Erklärung zur Abschaffung der Atomwaffen ab und vertraute die Aufgabe, einen Weg zu ihrem Verbot und ihrer Abschaffung zu bahnen, der Jugend meiner Generation an.

In ihrem Bemühen zur Umsetzung des Atomwaffenverbotsvertrags hat die SGI kontinuierlich einen menschenrechtsbasierten Ansatz verfolgt, in dessen Mittelpunkt der Schutz des Rechts auf Leben steht. Dieser Ansatz leitet sich von dem spirituellen Erbe der beiden Mentoren unserer Bewegung, Makiguchi und Toda, ab. Ihre Vision von Weltfrieden beschränkte sich nicht auf die Bemühung,  Spannungen zwischen Nationen zu mildern oder Kriege zu verhindern. Ihr Fokus war beständig darauf gerichtet, das Leben und die Würde jedes einzelnen Menschen zu schützen.

Es ist in der Tat bedeutsam, dass der TPNW – während er ein Vertrag zur Abrüstung ist – gleichzeitig von dem Geist der internationalen Menschenrechtsgesetze erfüllt ist. Einer seiner bemerkenswertesten Aspekte ist, dass sein Fokus auf den Menschen sowie auf dem von ihnen erlittenen Leid liegt. Die Begründung für das Verbot basiert auf dem Risiko, das Atomwaffen für die „Sicherheit der gesamten Menschheit“ darstellen.[20]

Außerdem stellt der Vertrag klar, dass sein Inkrafttreten nicht allein vom Verhalten einzelner Staaten abhängt, sondern erkennt explizit die bedeutsame Rolle an, die der Zivilgesellschaft in diesem Prozess zukommt.

Rückblickend wurde dieser Wandel, das Individuum nicht mehr als Objekt des Interesses, sondern als Subjekt von Rechten zu  betrachten, durch die UN-Charta, die mit den Worten „Wir, die Völker“ beginnt, und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, in  der betont wird, dass sie von „Jedermann“ genossen werden sollen, angekündigt.

Die Präambel des TPNW bezieht sich auch auf den Beitrag der Hibakusha, die durch ihre persönlichen Erfahrungsberichte als Opfer der Atombombenabwürfe die unmenschliche Natur der Atomwaffen kontinuierlich hervorgehoben haben. Während der Verhandlungen zum Verbotsvertrag saßen Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft in den hintersten Reihen des Konferenzraums. In Schlüsselbereichen war es die Zivilgesellschaft, vor allem die Hibakusha, die Opfer der Atombombenangriffe von Hiroshima und Nagasaki und der Atomwaffentests auf der ganzen Welt, die den Anstoß zum Abschluss des Vertrags lieferten. Ihr hingebungsvoller Einsatz „stellte sie an die vorderste Front des Respekts“, wie es einer der nationalen Repräsentanten formulierte.[21]

Chikyu minzokushugihugi

Der Begriff chikyu minzokushugi kann wörtlich mit „globaler Nationalismus“ übersetzt werden und weist auf einen Glauben an die  grundlegende Einheit der Völker der Welt hin. Er wurde zum ersten Mal bei einem Jugendabteilungstreffen der Soka Gakkai im Jahr 1952 von Josei Toda, dem zweiten Präsidenten der Soka Gakkai, verwendet. Der Begriff entspricht dem heutigen Begriff des „Weltbürgertums“. Todas starke Entschlossenheit, das Glück der Menschen jederzeit als oberstes Prinzip anzusehen, war der Ursprung seines Ideals des Weltbürgertums. Aufgrund der Tragödien, die durch den japanischen Ultranationalismus hervorgerufen worden waren, wollte Toda die Menschen von den Ketten eines engstirnigen Nationalismus befreien und sie dazu befähigen, die Begrenzungen einer Vision zu überschreiten, die nur einen einzigen Staat oder ein einziges Volk einschließen. Er appellierte an das Bewusstsein, dass  die Menschheit eins ist und letztlich ein gemeinsames Schicksal teilt. Toda war davon überzeugt, dass Kriege zwischen Staaten und  Völkern beendet werden können und eine friedliche Weltgemeinschaft möglich ist, wenn die Völker dieses Ideal verwirklichen und die volle Verantwortung als Mitglieder einer einzigen großen menschlichen Gemeinschaft ergreifen.

Als Teil dieses zivilgesellschaftlichen Netzwerks war die SGI intensiv in die Entwicklung des Vertrages involviert. Sie arbeitete mit ICAN zusammen, indem sie beispielsweise gemeinsam mit ihr Ausstellungen entwickelte und organisierte, welche das öffentliche Bewusstsein für die zutiefst unmenschliche Natur von Atomwaffen schärfen sollen, und indem sie Arbeitsunterlagen für die  Verhandlungen vorbereitete.

Die Ideale des Friedens und der Menschenrechte können nicht in einem einzigen Anlauf verwirklicht werden. Der juristische und institutionelle Schutz der Rechte eines jeden Individuums wird erst sichergestellt und mit Substanz versehen, wenn die Zivilgesellschaft sich zunehmend in diesen Prozess einbringt. Sie schöpft aus den tiefsten spirituellen Quellen des Rechts – dem Schwur, niemand anderen das erleiden zu lassen, was man selbst erduldet hat.

Die Kraft der Menschenrechtsbildung

Das zweite Thema, das ich gerne diskutieren möchte, ist damit verbunden, welch entscheidende Rolle die Menschenrechtsbildung bei der Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen spielt. In den vergangenen Jahren haben Fragen, die die internationalen Grenzen betreffen, große Aufmerksamkeit erhalten – etwa die Verstärkung der Einwanderungskontrolle als Reaktion auf den Zustrom von  Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund. Gleichzeitig sind wir jedoch Zeugen eines Anwachsens der weltweiten  Vernetzung durch die Infrastruktur, wie etwa durch Bahnverbindungen, Elektrizitätsnetze sowie Internet-Seekabel, die nationale  Grenzen überschreiten, geworden.

Es gibt weltweit eine geschätzte Länge von 750.000km an InternetSeekabeln sowie 1,2 Millionen km an Eisenbahnstrecken. Die Gesamtlänge geht weit über die 250.000km an internationalen Grenzen auf unserem Planeten hinaus. Die Ausgaben für die Infrastruktur betragen etwa 3 Billionen US-Dollar im Jahr. Das ist weit mehr als die 1,75 Billionen, die jährlich für den  Verteidigungshaushalt ausgegeben werden, und diese Schere wird sich noch vergrößern.[22]

In Anbetracht dieser Tatsachen legte Parag Khanna, Forschungsbeauftragter an der Staatsuniversität von Singapur, nahe, unsere geopolitische Sicht der Dinge zu überdenken: „Da das volle Spektrum an menschengemachter Infrastruktur nicht auf unseren Landkarten abgebildet ist, scheint es so, dass Grenzen eine viel größere Bedeutung für die Darstellung der Humangeografie haben als  andere Mittel. Doch heute ist gerade das Gegenteil richtig: Grenzen sind nur dort wichtig, wo sie als wichtig betrachtet werden,  während andere Linien meist eine viel größere Bedeutung haben.“[23]

Khanna betont, dass die weltweite Entschlossenheit, die Infrastruktur auszubauen, nicht auf Regionen wie die Europäische Union beschränkt ist, sondern auch in Zonen mit geopolitischen Spannungen beobachtet werden kann. Hier gibt sie den beteiligten Staaten die Gelegenheit, „sowohl die Hürden der natürlichen als auch der politischen Geografie“[24] zu überwinden und beidseitigen Nutzen zu erschaffen.

Khannas Bemühungen, die Rolle der funktionalen Geografie in den Vordergrund zu rücken, während er die Rolle der politischen  Geografie im Kontext von grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekten anerkennt, ist verwandt mit der Sichtweise Tsunesaburo Makiguchis, die er in seinem Werk Die Geografie des menschlichen Lebens zum Ausdruck gebracht hat. Hierin hob Makiguchi hervor, dass das Verhalten von Menschen und Staaten durch ihre Auffassung von Geografie tief beeinflusst ist, und appellierte an die Menschheit, ihre Handlungen auf ein Prinzip zu stützen, das er „humanitären Wettbewerb“ nannte. Dies bedeutet, dass man sich bewusst dafür entscheidet, egoistische Motive beiseite zu stellen und stattdessen danach strebt, nicht nur das eigene Leben, sondern auch das Leben der anderen zu verbessern und zu schützen.

Selbst wenn die Konturen der nationalen Grenzen als nicht verhandelbar angesehen werden, so kann doch das kontinuierliche Anwachsen dieser weltweiten Infrastrukturnetze, die ein Land mit einem anderen verbinden, reichhaltige Beziehungen zwischen diesen Ländern zur Folge haben. Ich denke, dass solche Aktivitäten den Beginn eines „humanitären Wettbewerbs“ darstellen, für den Makiguchi sich so einsetzte.

Eine der Grundlagen von Makiguchis Philosophie ist der Gedanke, dass Werte durch Beziehungen und Relationen entstehen. Das gleiche Prinzip kann auf die Herausforderung der Menschenrechte angewandt werden. In diesem Kontext weist es auf die Bedeutung von sich ausdehnenden Beziehungsgeflechten hin, die Menschen und Dinge jenseits aller Unterschiede zusammenbringen.

Durch das Ausdehnen seines Netzwerks von individuellen Verbindungen, beispielsweise mit seiner weißen Krankenschwester und seinen weißen Gefängniswärtern, festigte Nelson Mandela seine Überzeugung von den humanen Möglichkeiten eines jeden Menschen. Dies wurde nach seiner Freilassung zur Grundlage seiner politischen Aktivitäten. Mandela ist ein Beispiel dafür, welche Kraft der Veränderung in Beziehungen steckt und wie trotz tiefgehender Differenzen positiver Wert aus ihnen entstehen kann.

Shakyamuni, der die Würde aller Menschen darlegte, warnte seine Schüler regelmäßig vor der Gefahr, die Dinge durch ihre  Ausdrucksweise in einen unveränderlichen Rahmen zu pressen. Er mahnte sie, dass ein Mensch nicht durch seine Geburt, sondern nur durch seine Handlungen ein Brahmane werde, also eine Person, die höchsten Respekt verdient.[25] Anders ausgedrückt, sollte der  Wert einer Person niemals nach ihrem Titel bemessen werden. Im Buddhismus gibt es das Prinzip „die anderen neun Welten ablehnen, zurückweisen und durchtrennen“.[26] Dieser Ausdruck wird verwendet, um die Ansicht zu bezeichnen und zu kritisieren, dass Buddhas von den Menschen getrennte Wesen seien. Diese Auffassung geht davon aus, dass man zuerst alle anderen Lebenszustände (die neun Welten) ablehnen, zurückweisen und von sich selbst abtrennen muss, um den höchsten und erhabenen Lebenszustand (Buddhaschaft) zu erlangen.

Mit dieser Aussage im Sinn schreibt Nichiren: „Die Doktrin, dass jene der Zwei Fahrzeuge niemals die Buddhaschaft verwirklichen könnten, war nicht nur eine Quelle des Kummers für jene der Zwei Fahrzeuge allein. Wir verstehen nun: Dies war auch für uns ein  Kummer!“[27]

Dies ist eine Aussage darüber, dass die Verleugnung der Würde und der Entwicklungsmöglichkeiten einer bestimmten Person oder Gruppe nicht nur deren Würde beschädigt, sondern auch das Fundament unserer eigenen Würde untergräbt. Während dies vielleicht ein spezifisch buddhistisches Verständnis von der Natur des Lebens darstellt, weist es doch auch auf eine Realität hin: auf die Gefahren, die darin liegen, der Würde eines Menschen Grenzen aufzuerlegen. Dies muss bei der Betrachtung der heutigen Herausforderungen der Menschenrechte berücksichtigt werden.

Auf der ganzen Welt sehen wir verstörende Beispiele von Fremdenfeindlichkeit. Individuen oder Gruppen werden als Objekte der Ablehnung, des Abwendens und der Abtrennung ausgegrenzt. Während der regulären Sitzungen des UN-Menschenrechtsrats im letzten Jahr wurden zwei Antidiskriminierungsbeschlüsse verabschiedet: der eine zur Bekämpfung von Intoleranz aufgrund der Religion oder des Glaubens einer Person, der andere über den Beginn von Verhandlungen über das zusätzliche Protokoll zum Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Die New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten, die bei der Generalversammlung im Jahr 2016 verabschiedet wurde, warnt ebenfalls: „Flüchtlinge oder Migranten zu verteufeln rüttelt an den Grundfesten der Würde und Gleichheit aller Menschen – Werte, denen wir uns verschrieben haben.“[28]

Die Zehn Welten

Der Buddhismus identifiziert Zehn Welten – zehn Seinszustände, die wir in unserem Leben erfahren und die in jedem Moment untereinander abwechseln können, und zwar entsprechend unseren Interaktionen mit unserer Umgebung und den Menschen um uns herum. Diese Zehn Welten werden die Welten der Hölle, der Hungergeister, der Tiere, der Asuras, der Menschen, der Himmelswesen, der Hörer, der Zur-Ursache-Erwachten, der Bodhisattvas und der Buddhas genannt. In manchen buddhistischen Lehren werden die „neun Reiche“ – also die Welten außer der Buddhaschaft – grundsätzlich getrennt vom Buddhazustand angesehen. Dies entspricht nicht der Sichtweise, die im Nichiren-Buddhismus eingenommen wird. Im Nichiren-Buddhismus wird davon ausgegangen, dass alle Zehn Welten bzw. Reiche in jedem Menschen vorhanden sind. Die Welten der Hörer und der Zur-Ursache-Erwachten sind auch bekannt als die „Zwei Fahrzeuge“. Zahlreiche buddhistische Lehren gehen davon aus, dass Menschen, die sich in diesen Lebenszuständen befinden, durch ihre arrogante Haltung von der höchsten Erleuchtung der Buddhaschaft abgeschnitten sind. Doch das Lotos-Sutra, dem Nichiren folgte, lehrt, dass selbst die Menschen der Zwei Fahrzeuge die Buddhaschaft erlangen können.

Bis zu einem gewissen Grad ist es nur natürlich, ein Gefühl der Verbundenheit mit einer Gruppe von Menschen zu empfinden, mit denen man bestimmte Eigenschaften teilt. Ebenso ist es vielleicht zu erwarten, dass wir Befürchtungen dabei haben, Menschen anderer nationaler Herkunft in der Gemeinschaft willkommen zu heißen, die wir Heimat nennen.

Doch wir sollten erkennen, wie solche Gefühle zu einem ausgrenzenden Verhalten sowie zu Menschenrechtsverletzungen führen können, wenn sie in Feindseligkeit, Hassreden und anderen Formen der Diskriminierung Ausdruck finden.

Während sich unsere Fähigkeiten erweitert haben, Verbindungen zu anderen Menschen aufzubauen, hat die aufstrebende  postindustrielle Informationsgesellschaft in den vergangenen Jahren auch zu einem Phänomen geführt, bei dem die Menschen nur mit  denjenigen Verbindungen eingehen, mit denen sie denselben Referenzrahmen teilen. Zu den Ursachen dieses Phänomens, das als  Filterblase [Engl.: filter bubble] bekannt ist, zählen Datenrecherchen, die Informationen ermitteln und zurückspielen, die bereits auf die Vorlieben des jeweiligen Benutzers abgestimmt sind und die auf diese Weise die Sicht auf andere Quellen verdecken. So wird man Stück für Stück in eine isolierende Membran der vorausgewählten Informationen eingehüllt, ohne es zu bemerken.

Beunruhigend an diesem Phänomen ist der Grad, zu dem es unser Verständnis von gesellschaftlichen Zusammenhängen beeinflussen kann. Selbst wenn jemand aktiv nach Informationen zu einem Thema oder einer speziellen Fragestellung sucht, wird der Inhalt, den er oder sie auf den Webseiten oder in den sozialen Medien antrifft, letztlich eine große Übereinstimmung mit seinen oder ihren bereits vorhandenen Ansichten aufweisen. Auf diese Weise werden wir von Informationen distanziert, die den bisherigen eigenen Ansichten widersprechen. Diese können dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn wir gründliche Überlegungen anstellen wollen.

Der Internet-Aktivist Eli Pariser mahnt: „In einer Zeit, da geteilte Informationen die Voraussetzung für geteilte Erfahrungen sind, wirkt die Filter Bubble als Zentrifugalkraft und treibt uns auseinander.“[29] Die Fähigkeit, gute Entscheidungen zu treffen, hängt von dem Bewusstsein einer Situation und ihres Kontextes ab. Daher warnt er uns vor den Wirkungen unserer eingeschränkten Wahrnehmung:  „In der Filter Bubble bekommt man keine komplette Lageerfassung, keinen Rundumblick, sondern immer nur einen kleinen  Ausschnitt.“[30]

Forschungen über Diversität haben ergeben, dass Menschen, die zu einer gesellschaftlich dominierenden Gruppe gehören, sich oft nicht bewusst sind, dass ihr Leben frei von Diskriminierung ist. 

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD)

Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung ist eine Übereinkunft der Vereinten Nationen, die am 21. Dezember 1965 verabschiedet und zur Unterschrift vorgelegt wurde. Sie trat am 4. Januar 1969 in Kraft. Das Übereinkommen verpflichtet seine Mitglieder, Rassendiskriminierung zu beenden und das gegenseitige Verständnis aller Rassen untereinander zu befördern. Außerdem fordert es von den Beteiligten, Hassreden zu ächten und die Mitgliedschaft in rassistischen Organisationen zu kriminalisieren. Die Verabschiedung des Abkommens gab Anlass zu antisemitischen Zwischenfällen auf der ganzen Welt. Dies bewog die Generalversammlung der Vereinten Nationen dazu, einen Beschluss zu verabschieden, der jegliche Erscheinungsform und Ausübung von rassistischem, religiösem oder nationalistischem Hass als Verletzung der Charta der Vereinten Nationen sowie der Allgemeinen Menschenrechtserklärung verurteilt. Am 24. März 2017 beschloss der UN-Menschenrechtsrat, Verhandlungen über den Entwurf eines zusätzlichen Protokolls zu dem Abkommen aufzunehmen, der fremdenfeindliches und rassistisches Verhalten unter Strafe stellt. Im Januar 2018 waren es 179 Mitgliedsstaaten, die diese Übereinkunft angenommen haben.

Ihr mangelndes Bewusstsein für diese Art von Privileg kann eine soziale Atmosphäre entstehen lassen, die von den Mitgliedern der Minderheiten als klaustrophobisch erlebt wird. Ich werde niemals vergessen, als Rosa Parks (1913–2005), die Mutter der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, mir während unseres Treffens im Januar 1993 ihre persönliche Erfahrung beschrieb, die sie unter einem rassistischen System, das immenses Leid für zahllose Menschen verursachte, machte.

Bis die afrikanischstämmigen Amerikanerinnen und Amerikaner Wege fanden, dem von ihnen empfundenen Leid eine greifbare und sichtbare Form zu geben, blieb dieses von großen Teilen der weißen Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD) der amerikanischen Gesellschaft unbemerkt. Die historische Busboykott-Bewegung, entfacht durch Frau Parks unmissverständliche Weigerung, Ungerechtigkeit zu akzeptieren, erzeugte einen Strom des Wandels, weil ihre Weigerung diesen Schmerz so weitreichend und wirkungsvoll zum Ausdruck brachte. 

Lernen, miteinander zu leben

Die japanische Gesellschaft verhält sich diskriminierend gegenüber Bürgerinnen und Bürgern aus China, Korea und anderen asiatischen Staaten.

Im Zuge meiner Bemühungen, einen Austausch mit den Nachbarländern Japans sowie gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zu fördern, schloss ich Freundschaft mit Soo-sung Lee, dem ehemaligen Premierminister Südkoreas. Sein Vater war während der Kolonialherrschaft Japans über die koreanische Halbinsel (1910–1945) als Richter tätig gewesen. Er ließ sich nicht davon abbringen, seine Arbeit in traditioneller koreanischer Tracht anzutreten, und weigerte sich, Japanisch zu sprechen. Als er sich weigerte, eine Anweisung zu erfüllen, die koreanische Bürgerinnen und Bürger dazu zwang, einen japanischen Namen anzunehmen, kostete ihn dies seine juristische Karriere. Die japanischen Machthaber enthoben ihn seines Amtes und verhinderten, dass er weiterhin juristisch tätig sein konnte.

Über die Jahre hinweg habe ich mit japanischen Jugendlichen oft über die bitteren Lektionen, die uns die Geschichte lehrt, gesprochen.  Es war mir dabei ein tiefes Bedürfnis, der Zukunft solche Zeitzeugenberichte, wie etwa den des ehemaligen Premierministers Lee, zu übermitteln. Sie sollten wissen, wie unmenschlich unsere Nachbarinnen und Nachbarn durch uns behandelt wurden und welch tiefes Leid dieses Verhalten verursacht hat.

Während einer Gedenklesung an der Soka-Universität im Oktober 2017 sagte der ehemalige Premierminister zu den Studierenden: „Selbst die talentierteste und fähigste Person sollte niemals auf andere herabblicken. In gleicher Weise sollten sich Mitglieder einer  ethnischen Gruppe niemals überheblich gegenüber Mitgliedern anderer ethnischer Gruppen verhalten.“

Ich hoffe aufrichtig, dass sich die jüngere Generation diese Worte zu Herzen nimmt, um die zu Vorurteilen und Diskriminierung  neigende Tendenz abzulegen, die immer noch die japanische Gesellschaft durchzieht.

Viele Mitglieder vorherrschender sozialer Gruppen mögen Diskriminierung als etwas ansehen, das nichts mit ihrem eigenen Leben zu tun hat, doch für die Angehörigen der an den Rand gedrängten Gruppen ist dies die unleugbare Realität ihres täglichen Lebens. Menschenrechtsbildung richtet die Aufmerksamkeit auf solche unbewussten Neigungen, die Diskriminierung schüren. Auf diese Weise bietet sie den Menschen die Chance, ihr alltägliches Verhalten zu überprüfen. Die SGI setzt sich für die Förderung von Menschenrechtsbildung ein. Dabei betont sie die Art von Selbstbefähigung (Empowerment) und Bewusstseinsschärfung, die die Würde aller Menschen wiederherstellen sowie eine pluralistische und integrative Gesellschaft aufbauen kann.

Die SGI unterstützte die Dekade der Vereinten Nationen für Menschenrechtsbildung (1995–2004). Wir riefen zur Verabschiedung eines nachfolgenden internationalen Rahmenwerks auf und engagierten uns in Aktivitäten zur Unterstützung des Weltprogramms für  Menschenrechtsbildung, das 2005 begann. In Kooperation mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützten wir die Verabschiedung der Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsbildung und -training im Jahr 2011 und arbeiteten anschließend mit daran, ein zivilgesellschaftliches Netzwerk zur Menschenrechtsbildung aufzubauen. Die SGI organisierte außerdem Vorführungen eines Films, an dem sie als Koproduzentin mitgewirkt hat: Ein Weg zur Würde – die Kraft der Menschenrechtsbildung. Momentan bemühen wir uns um die internationale Präsentation unserer neuesten Ausstellung mit dem Titel Anders Leben: Die Kraft der Menschenrechtsbildung, die im März 2017 am europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen in Genf zum ersten Mal gezeigt wurde.

Eine Fallstudie, die sowohl im Film als auch in der Ausstellung gezeigt wird, beschreibt ausführlich, wie ein mit der Polizei in Victoria, Australien durchgeführtes Menschenrechtstrainingsprogramm dabei half, gesellschaftliche Spannungen abzubauen. Nachdem eine Untersuchung missbräuchliches Verhalten gegenüber Mitgliedern der LGBT-Gemeinschaft durch die Polizei in Victoria aufgedeckt hatte, führte die Polizeistation ein Menschenrechtstrainingsprogramm durch. Dies führte zusätzlich zu einer Verbesserung des  mgangs mit Angehörigen von Migrantengemeinschaften.

Als ein Ergebnis dieses Programms waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei in der Lage, ihre Rolle innerhalb des menschenrechtlichen Rahmenwerks klar zu erkennen. Sie verstanden, dass es notwendig ist, den Menschen und sein Verhalten nicht in  einen Topf zu werfen: Der Mensch ist auf jeden Fall zu schützen, aber mit seinem Verhalten muss entsprechend umgegangen werden, wenn es dem Gesetz widerspricht.

Diese Veränderung in der Einstellung der Polizistinnen und Polizisten führte außerdem zu einer Veränderung innerhalb der Migrantengemeinde. Ein jugendlicher Immigrant erklärte, dass er sich immer unwohl gefühlt habe, sobald sich ihm die Polizei näherte. Eines Tages lud ihn ein Polizeibeamter ein, an einem Programm zur Ausbildung junger Führungskräfte teilzunehmen. Nachdem er an dem Programm teilgenommen hatte, war seine Einstellung gegenüber der Polizei komplett verändert, da er zu verstehen begann, dass sie beide – er und der Polizeibeamte – gewöhnliche Menschen sind. Der einzige Unterschied war, dass einer von ihnen eine Uniform trug.

Auf diese Weise führte das Menschenrechtstrainingsprogramm nicht nur zu einer Veränderung der Haltung der Polizei, sondern auch die schlechten Gefühle der Immigrantinnen und Immigranten der Polizei gegenüber verringerten sich, und das Vertrauen zwischen  ihnen wurde umfassend gestärkt.[31]

Dieser Fall zeigt, dass die wahre Bedeutung der Menschenrechtsbildung und des entsprechenden Trainingsprogramms weit darüber hinausgeht, ein besonderes Wissen oder bestimmte Fähigkeiten zu erlangen – sie liegt vielmehr darin, unseren Wunsch  wiederaufleben zu lassen, die gemeinsame Menschlichkeit auch in jenen zu erkennen, die anders sind als wir, und Verbindungen für ein gemeinsames soziales Leben zu knüpfen.

Das weltweite Programm zur Menschenrechtsbildung hat alle fünf Jahre den Fokus auf andere Zielgruppen gelegt und bis heute drei Phasen vollzogen. Die erste erstreckte sich von 2005 bis 2009 und konzentrierte sich auf die Menschenrechtserziehung in den Grundund weiterführenden Schulen; die zweite (2010–2014) legte den Schwerpunkt auf die weiterführende Bildung sowie auf das Menschenrechtstraining für Personen in Lehrberufen, öffentliche Angestellte, Gesetzesvertreterinnen und -vertreter sowie Militärbedienstete. Die noch laufende dritte Phase (2015–2019) lenkt das Augenmerk auf Medienschaffende sowie Journalistinnen und Journalisten. Mein Vorschlag ist, dass der Fokus der vierten Phase – die für 2020 angesetzt ist – auf junge Menschen gelegt werden soll.

Während Jugendliche in unserem digitalen Zeitalter für die Wirkungen der Filterblase in besonderer Weise anfällig sind, besitzen sie andererseits die besondere Einstellung, dass sie das, was sie über Menschenrechte erfahren, mit anderen Menschen in ihrem Leben teilen. Dies macht sie zu einer starken Kraft, den Kreis derer zu erweitern, die sich der Überwindung von Diskriminierung und Vorurteilen verschrieben haben. Die Kerngruppe, die ICAN anführt, besteht aus jungen Menschen in ihren zwanziger und dreißiger Jahren. Wenn Mitglieder der jüngeren Generation in der Lage sind, die Menschenrechtsbewegung in ähnlicher Weise zu gestalten, können wir das Weltgeschehen gewiss von einer Bewegung der Trennung in eine Bewegung der Koexistenz umlenken.

Wer in den Echokammern der Filterblase oder innerhalb unbewusst aufgebauter Mauern eingeschlossen bleibt, dem kann es nicht gelingen, den strahlenden Glanz der Menschlichkeit in anderen zu erkennen. Auch das Licht ihrer eigenen Menschlichkeit wird  verborgen bleiben, da es nicht zu den Menschen um sie herum vordringen kann. Menschenrechtsbildung hat die Kraft, die Grenzen  zwischen dem eigenen Selbst und den anderen aufzuheben, Grenzen, die aus Unterschieden von Identität und sozialem Status erwachsen. Dadurch kann Menschenrechtsbildung die Möglichkeiten erweitern, das Licht der Menschlichkeit so leuchtend wie nur möglich sowohl für uns selbst als auch für andere erstrahlen zu lassen.

Im Mahayana-Buddhismus gibt es die Metapher von Indras Netz. Dies ist ein gewaltiges Netz, das über dem Palast der buddhistischen Göttin Indra gespannt ist, mit prachtvollen Juwelen, die an jedem seiner Knoten befestigt sind. Jedes Juwel verbreitet nicht nur seinen  eigenen Glanz, sondern enthält und reflektiert das Bild aller anderen Juwelen in diesem Netz, das in der Großartigkeit seiner Gesamtheit funkelt. Indras Netz spiegelt die Art der idealen Gesellschaft wider, die durch Menschenrechtsbildung entstehen kann.

Die pluralistische und inklusive Gesellschaft, die in der Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsbildung und -training gefordert wird, findet ihre stabile Grundlage in dem Prozess, mannigfaltige Verbindungen untereinander zu knüpfen, die sicherstellen, dass jeder Mensch im Licht der Menschlichkeit erstrahlen und selbst von ihm erleuchtet werden kann.

Eine Kultur der Menschenrechte – aufgebaut aus geteilter Freude

Das dritte Thema sind Verbindungen, die eine Kultur der Menschenrechte aufbauen. Sie entstehen durch die Freude, die wir mit anderen teilen.

Am 10. Dezember 2017 wurde im Palais de Chaillot in Paris anlässlich des 70. Jahrestags der Allgemeinen Erklärung der  Menschenrechte eine Kampagne ins Leben gerufen. Es war der gleiche Ort und am gleichen Tag, an dem die Deklaration im Jahre 1948 verkündet wurde. Zeid Ra’ad Al Hussein, der Hohe Kommissar für Menschenrechte der UN, erklärte: „Wir sollten eine ganz klare Haltung einnehmen: Wenn wir die Menschenrechte anderer respektieren, stehen wir gleichzeitig für unsere eigenen Rechte und die der kommenden Generationen auf.“[32] Die Erkenntnis, die seinem Aufruf zugrunde liegt, wird auch in anderen Kampagnen der UN deutlich. Hierzu zählen TOGETHER [Zusammen], eine UN-Kampagne, die der Verbesserung des Lebens von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund  gewidmet ist – sowie die Aktivitäten von HeForShe [ErFürSie], der Frauensolidaritätsbewegung der UN zur Gleichstellung der  Geschlechter. Wie die Namen dieser Kampagnen nahelegen, ist die Ausweitung der Solidarität zwischen unterschiedlichen Gruppen entscheidend für den Aufbau einer authentischen Kultur der Menschenrechte. Dies ist – von innen her betrachtet – etwas anderes als jene Art passiver Toleranz, bei der niemand über ein wahres Verständnis darüber verfügt, welche Not und Bedrängnis andere Menschen erfahren.

Passive Toleranz ist weit entfernt von einem Zusammenleben im wahren Sinne des Wortes. Sie birgt die Gefahr, dass die Handlungen der Menschen oberflächlich und halbherzig bleiben, da sie nur auf solche Handlungen beschränkt sind, die anderen gestatten, in  derselben Nachbarschaft zu leben oder sich an die gleichen Gesetze und Regeln zu halten, die für alle gelten. Solch eine passive Toleranz greift zu kurz. Sie kann die Menschen nicht dazu bringen, aktiv die gemeinsame Menschlichkeit in denen zu erkennen, die sie als anders wahrnehmen. Sie bildet ein ineffektives Gegengewicht zu den ausgrenzenden Impulsen, die in Zeiten erhöhter  gesellschaftlicher Spannungen wirksam sind. Angeführt durch die UN, hat es einen neuen Anstoß dazu gegeben, eine Kultur der Menschenrechte zu erschaffen, die auf den gemeinsamen Bemühungen basiert, das öffentliche Bewusstsein in Richtung einer  Gesellschaft zu verändern, in der alle Menschen in Würde leben können.

Im Buddhismus findet sich die Wendung: „Echte Freude ist die, die man mit anderen teilt.“[33] Auf der Grundlage dieses Prinzips bin ich überzeugt, dass die Quelle zur Erschaffung einer Gesellschaft der sich wechselseitig bereichernden Koexistenz in einer Lebensweise liegt, in der wir Freude darin finden, die beiderseitige Würde im Spektrum all ihrer Möglichkeiten erstrahlen zu sehen.

Die Quelle zur Erschaffung einer Gesellschaft der sich wechselseitig bereichernden Koexistenz liegt in einer Lebensweise, in der wir Freude darin finden, die beiderseitige Würde im Spektrum all ihrer Möglichkeiten erstrahlen zu sehen.

Im Lotos-Sutra wird eine Reihe von Szenen geschildert, in denen Shakyamunis Schüler – bewegt darüber, seine Lehre von der Würde des Lebens zu hören – einer nach dem anderen schwören, nach diesem Prinzip zu leben. Dies setzt eine Kettenreaktion des Jubels in Gang, die in Formulierungen beschrieben wird wie „ihre Herzen waren von großer Freude erfüllt“[34] und „ihr Geist tanzte voller Freude“[35] – wodurch alle ihr Verständnis für den höchsten Wert und die Würde des Lebens vertiefen.

Die SGI-Bewegung wird von der gleichen Idee angetrieben: vom Erleben der geteilten Freude. Sie erwächst aus den Bemühungen, jede Person jenseits aller Unterschiede zu unterstützen, so dass sie die Herausforderungen des Lebens meistern und ihren Weg weiter vorangehen kann. Diese Freude fließt aus dem Anblick, unsere Mitmenschen in voller Würde strahlen zu sehen, weil sie im Angesicht von Schwierigkeiten nicht aufgeben. Sie fließt aus der Einstellung, das Wachstum der anderen zu feiern und zu fördern, als wäre es unser eigenes. Dieses Teilen und wechselseitige Auskosten von Freude ist die Quelle unserer Bewegung.

Dieses Konzept der geteilten Freude erinnert mich an den Historiker Dr. Vincent Harding (1931–2014), der mir von seiner Erfahrung aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung erzählte. Er war noch ein Doktorand, als er Martin Luther King (1929–1968) zuhause  besuchte. Diese Begegnung war ausschlaggebend für sein lebenslanges Engagement in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.

Damals hatte der Busboykott eine massive Zunahme an Stimmen in den USA entfacht, die nach dem Ende des institutionalisierten  Rassismus riefen. Die Spannungen steigerten sich, besonders in den Südstaaten, als ein afroamerikanischer Student von der Teilnahme am Unterricht ausgeschlossen wurde und man damit fortfuhr, schwarzen Schülerinnen und Schülern die Aufnahme an der Highschool zu verweigern.

Dr. Harding, der zu jener Zeit in Chicago lebte, erwog die Gründung einer gemeinsamen Kirchengemeinde von schwarzen und weißen Christinnen und Christen. Im Laufe ihrer Arbeit begann die Gruppe sich zu fragen: „Was würden wir tun, wenn wir im Süden leben würden, wo es für Schwarze wie Weiße gleichermaßen illegal und gefährlich ist, wie Brüder und Schwestern zusammenzuleben und zu arbeiten? Würden wir immer noch versuchen, nach unserem Glauben zu leben und unsere Beziehungen untereinander wertschätzen, selbst wenn wir dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten kommen könnten?“[36]

Im Anschluss an diese Diskussion fassten fünf seiner Freunde – zwei Schwarze und drei Weiße – den Entschluss, den Vorschlag zu testen, indem sie zusammen in den Süden reisten. Sie fuhren in einem alten Kombi und machten ihren ersten Halt in Arkansas, wo sie führende Persönlichkeiten der Bürgerrechtsbewegung besuchten, die den Schülerinnen und Schülern halfen, denen der Eintritt in eine neue integrative Highschool verwehrt worden war. Hier wurden sie unmittelbar Zeugen der furchtbaren Bedrohungen, denen diese Anführer ausgesetzt waren.

Als Nächstes reisten sie durch Mississippi – wo die Gewalt gegen jene ungebrochen weiterbestand, die die Praxis der Rassentrennung und die Vorherrschaft der Weißen in Frage stellten. Schließlich kamen sie in Alabama an. Dort erholte sich Dr. King in seinem Haus in Montgomery von einer Stichwunde, die er bei einem gerade erst erfolgten Angriff erlitten hatte. Trotz alledem hieß seine Frau Coretta Scott King (1927–2006) die Gruppe warmherzig in ihrem Heim willkommen, wo sie schließlich Dr. King treffen konnten.

In Erinnerung an diese Begegnung erzählte mir Dr. Harding: „Während dieses ersten Treffens in Montgomery zeigte er [Dr. King] sich beeindruckt, dass wir fünf – zwei Schwarze und drei Weiße – brüderlich gemeinsam unterwegs waren. (…) Eines seiner Hauptziele war nicht allein die Einführung gerechter Gesetze für die schwarze Bevölkerung. Er wollte vielmehr das erschaffen, was er die „geliebte Gemeinschaft“ nannte, in der alle Menschen ein Gespür für ihre fundamentale Verbundenheit als Menschen wiederentdecken können.“[37]

Es ist unnötig zu erwähnen, dass Dr. King die Verabschiedung neuer Gesetze als den vorrangigen Kampf ansah, der gewonnen werden musste – Gesetze, die den Weg zu einer gerechten Gesellschaft festigen würden. Ein gesetzliches Rahmenwerk wie die Bürgerrechte schafft die Grundlage dafür, um der gesellschaftlich vorherrschenden Diskriminierung und Unterdrückung entgegenzuwirken, und ist daher als absolut notwendig anzusehen. Nichtsdestotrotz setzte Dr. King noch höher an: Er suchte alle Vorurteile und Feindseligkeiten vollständig auszurotten und arbeitete auf das hin, was Dr. ­Harding als das „neue Amerika“ beschrieb – „ein Amerika, in dem Schwarze, Weiße und Menschen jeglicher Hautfarbe zusammenkommen können, um eine gemeinsame Grundlage für ihr gemeinsames Wohl zu finden.“[38]

Im August 1963, fünf Jahre nach dem Zusammentreffen von Dr. ­Harding und Dr. King, gipfelte die wachsende Dynamik der  Bürgerrechtsbewegung in dem Marsch auf Washington, der Massen an Menschen aller Rassen und sozialen Hintergründe anzog. In einem Bericht über diesen Tag, der in seiner Autobiografie erschienen ist, fasst Dr. King die Gefühle der Teilnehmenden wie folgt zusammen: „Unter den fast 250.000 Menschen, die an diesem Tag in die Hauptstadt reisten, waren zahlreiche Würdenträger und  Prominente, doch das bewegende Gefühl der Ergriffenheit kam von den Massen an einfachen Menschen, die in erhabener Würde als Zeugen für ihre unbeirrbare Entschlossenheit dastanden, in ihrer Zeit die Demokratie zu verwirklichen.“[39]

Mich lässt das Gefühl nicht los, dass die damals Anwesenden eine unsichtbare Freude empfunden haben müssen. Sie wurden Zeugen davon, wie ihr kollektiver Wunsch nach Freiheit und Gleichheit eine Veränderung nach der anderen in der Gesellschaft hervorbrachte. Ihre Freude war nicht allein die Wirkung einer eintägigen Reise nach Washington. Sie erwuchs aus einem langwierigen und  mühseligen Prozess, einer stetigen Anhäufung von hart ausgefochtenen Kämpfen, die zu diesem Tag geführt hatten.

Der Marsch auf Washington war nicht nur ein historisches Ereignis hinsichtlich der Solidarität, die von Menschen jeglichen sozialen Hintergrunds gezeigt wurde, einschließlich vieler Weißer, sondern er brachte außerdem, wie Dr. King anmerkte, die drei größten  Religionen des Landes näher zusammen als irgendein anderes Thema in der Friedensgeschichte des Landes.[40]

In ähnlicher Weise erwachsen die Bemühungen der SGI, die Abschaffung der Atomwaffen voranzutreiben, aus einer unbeirrbaren Entschlossenheit, eine Grundströmung des Wandels durch die Solidarität der Bürgerinnen und Bürger zu erschaffen. Hierzu gehört auch eine Erklärung, die wir gemeinsam mit anderen glaubensbasierten Organisationen veröffentlicht haben. Der Ausgangspunkt für diese Initiative war ein interreligiöses Symposium, das im April 2014 in Washington D.C. stattfand. Dort kamen Repräsentantinnen und Repräsentanten der christlichen, muslimischen, jüdischen und buddhistischen Traditionen zusam­men, um das Atomwaffenproblem zu diskutieren und eine gemeinsame Erklärung zu verfassen, die von Menschen aus 14 verschiedenen glaubensbasierten Organisationen unterzeichnet wurde. 

Seitdem hat dieses Netzwerk von Glaubensgemeinschaften damit fortgefahren, seine Stimme für die Abschaffung von Atomwaffen zu erheben. Es wurden acht gemeinsame Erklärungen bei wichtigen Anlässe abgegeben, einschließlich der Konferenz über die humanitären Auswirkungen von Atomwaffen, die 2014 in Wien stattfand,[41] der 2015 abgehaltenen Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag,[42] der zweiten Gesprächsrunde der Offenen UN-Arbeitsgruppe [zur Abschaffung von Nuklearwaffen] im Jahr 2016[43] sowie der Verhandlungstreffen, aus denen im Jahr 2017 der Atomwaffenverbotsvertrag hervorgegangen ist.[44]

Diese Bande der Solidarität liegen nicht nur in dem Gefühl einer gemeinsamen Aufgabe begründet. Sie sind Ausdruck einer tiefen Freude darüber, für die Lösung der entscheidenden Herausforderungen der Menschheit gemeinsam voranzugehen.

Im November 2017 nahm die SGI an dem internationalen Symposium Perspektiven für eine atomwaffenfreie Welt teil, die im Vatikan abgehalten wurde. Während einer Audienz mit Teilnehmenden der Konferenz verurteilte Papst Franziskus nicht nur den Einsatz von Atomwaffen, sondern ebenso ihren Besitz. Mit der Erklärung, dass sie ein falsches Gefühl der Sicherheit erzeugen würden, sagte er, dass nur eine Ethik der Solidarität als wahre Basis für ein friedliches Zusammenleben dienen könne. Außerdem sprach er davon, wie wichtig ein „gesunder Realismus“ sei. Dieser zeige sich durch die vielen Staaten, die auf die zutiefst unmenschliche Natur der  Atomwaffen mit den Verhandlungen reagierten, die schließlich den TPNW hervorbrachten.[45] Ich stimme mit dieser Sichtweise vollkommen überein.

Vor fünfzig Jahren – einen Monat nach der Ermordung von Dr. King – verfasste ich meine erste öffentliche Erklärung, in der ich zu einem internationalen Konsens zum Verbot von Atomwaffen aufrief. Bis zum heutigen Tag kann ich den Abschnitt aus Dr. Kings letzter Rede nicht vergessen, in der er die Frage stellte, in welcher Epoche des Gesamtpanoramas der Menschheitsgeschichte er am liebsten leben würde. Während er die Attraktivität solcher Zeitspannen hervorhob, wie etwa der Renaissance oder des Augenblicks, in dem Abraham Lincoln (1809–1865) die Emanzipationsproklamation [zur Abschaffung der Sklaverei in den Südstaaten] unterzeichnete, erklärte er, dass die [damalige] Gegenwart der Zeitpunkt in der Geschichte sei, den er wählen würde:

„Freilich, das ist eine seltsame Erklärung, denn die Welt ist in ziemlicher Unordnung. Unsere Nation ist krank. Unruhe ist im Land.  Verwirrung überall. Es ist eine seltsame Erklärung. Aber irgendwie weiß ich, dass man nur dann, wenn es dunkel genug ist, die Sterne sehen kann. Ein weiterer Grund, warum ich glücklich bin, in dieser Epoche zu leben, ist dieser: Wir sind gezwungenermaßen an einen Punkt gekommen, wo wir uns mit Problemen auseinandersetzen müssen, die in der Geschichte der Menschheit schon lange existieren, zu deren Lösung aber nie eine Notwendigkeit bestand. Wenn wir überleben wollen, müssen wir sie anpacken.“[46]

Wir sollten Dr. Kings Worte beherzigen. Sie sind heute, in einer Zeit, in der die gemeinschaftlichen Bemühungen der UN und der Zivilgesellschaft eine Dynamik erzeugen, die zu einer Kultur der Menschenrechte führt, von höchster Bedeutung. Jetzt tritt die Bewegung für das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags, der das Recht aller Menschen auf Leben auf der ganzen Welt schützen wird, in ihre entscheidende Phase ein.

Vor uns liegt ein Unterfangen, das in die Annalen der Menschheitsgeschichte eingehen wird. Die neue Wirklichkeit einer globalen Gesellschaft zu erschaffen, in der alle in Frieden und Würde leben können, liegt nicht außerhalb unserer Reichweite. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Solidarität der einfachen Menschen die treibende Kraft für ihre Verwirklichung sein wird.

Lektionen zur Abwendung eines Atomkriegs

Im Folgenden möchte ich eine Reihe von Vorschlägen zur Lösung globaler Probleme machen, und zwar aus dem Blickwinkel, das Leben und die Würde jedes einzelnen Menschen zu schützen.

Das Atomwaffenproblem ist der erste Themenbereich, zu dem ich konkrete Vorschläge machen möchte.

Im Juli 2017 wurde der Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) von den Vereinten Nationen mit der Zustimmung von 122 Staaten  verabschiedet. Er verbietet umfassend alle Phasen der Atomwaffen – von ihrer Entwicklung, über ihre Produktion und ihren Besitz bis hin zu ihrem Einsatz oder der Androhung ihres Einsatzes.

1996 erstellte der Internationale Gerichtshof (IGH) ein völkerrechtliches Gutachten zur Atomwaffenfrage, in dem eindeutig festgestellt wurde, dass der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen gegen internationales Recht verstößt. Der Gerichtshof war damals allerdings nicht in der Lage eine Entscheidung darüber zu fällen, ob dies auch in einer extremen Selbstverteidigungssituation gelte, in der das reine Überleben eines Staates auf dem Spiele stehen würde. Der TPNW ist ein umfassendes Verbot, das keine Ausnahmen zulässt, auch nicht in diesem extremen Fall.

Im Dezember 2017 wurde bei den Vereinten Nationen eine zweite feierliche Unterzeichnung des Vertrags abgehalten, zeitlich abgestimmt mit der Zeremonie, bei der die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) mit dem  Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Darin zeigen sich die fortgesetzten Bemühungen, das Inkrafttreten des Vertrages zu realisieren. Andererseits gibt es unter den mit Atomwaffen bewaffneten Staaten und den von Atomwaffen abhängigen Staaten die hartnäckige Auffassung, dass die Herangehensweise des Vertrages unrealistisch sei.

Es gibt tatsächlich Beispiele von Ländern, die – nachdem sie im Besitz von Atomwaffen gewesen waren – schließlich den Weg der Abschaffung von Atomwaffen wählten. Südafrika ist so ein Beispiel. Es begann mit dem Abbau seiner Atomwaffen im Jahr 1990 – in dem Jahr, nachdem Präsident F. W. de Klerk im Parlament eine Rede gehalten hatte, in der er sich dem Ende der Apartheid unter der Vorherrschaft der Weißen verpflichtete. Es folgte der Beitritt Südafrikas zum Atomwaffensperrvertrag (NVV) im Jahr 1991 sowie die Unterzeichnung des Vertrags von Pelindaba, der 1992 den afrikanischen Kontinent zur atomwaffenfreien Zone (NWFZ) erklärte.

Die Verabschiedung des Atomwaffenverbotsvertrags, New York, Juli 2017 Mit dem Vertrag über das Verbot von Atomwaffen in Lateinamerika und in der Karibik (Vertrag von Tlatelolco) wurden die weltweit ersten atomwaffenfreien Staaten und Regionen etabliert. In der Präambel dieses Vertrages steht, dass nicht nur danach gestrebt wird, die Geißel eines Atomkrieges zu bannen, sondern auch danach, die „Konsolidierung eines dauerhaften Friedens auf der Grundlage gleicher Rechte“[47] für alle zu erlangen. Anders formuliert kam der Vertrag durch die miteinander verbundenen Ziele der nuklearen Abrüstung und der Etablierung der Menschenrechte zustande.

Das Ideal der internationalen Menschenrechtsgesetze besteht in dem Streben, das Leben und die Würde jedes einzelnen Menschen in allen nationalen Rahmenbedingungen zu schützen – eine Aufgabe, bei der Atomwaffen keinen Platz haben.

Wie die Spannungen rund um Nordkoreas Atomwaffenprogramm zeigen, existiert in der internationalen Gemeinschaft die reale Sorge, dass Atomwaffen einmal mehr eine wachsende Bedrohung und Quelle der Einschüchterung darstellen. Eine andere beunruhigende Entwicklung in den letzten Jahren war der fortdauernde diplomatische Disput zwischen den Vereinigten Staaten und Russland über eine mögliche Verletzung des Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme (INF).

Im Kern der nuklearen Abschreckungspolitik liegt die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen. Wenn ich diesen Denkansatz tiefergehend betrachte, erinnere ich mich an die Philosophin Hannah Arendt (1906–1975). Sie interpretiert „Souveränität“ als einen Ausdruck der Art von freiem Willen, der nach der Vorherrschaft über andere sucht. Arendt stellte diese Vorstellung von Freiheit der des antiken Griechenlands gegenüber. Hier stellte Freiheit etwas dar, das in der Interaktion mit anderen lag, wie etwa Worte und Handlungen, die von einer Art „Virtuosität“ erfüllt sind. Laut Arendt ist dieses Verständnis von Freiheit seit dem Beginn der Moderne durch die Wahlfreiheit ersetzt worden, die im individuellen Willen verwurzelt ist – einem Willen, dem das Wissen von der Existenz anderer fehlt:

„Aufgrund der philosophischen Verschiebung von Handlung zu Willenskraft, von Freiheit als ein Lebenszustand, der sich im Handeln zeigt zu liberum arbitrium [freiem Willen], hörte das Ideal der Freiheit auf, eine Fähigkeit im oben genannten Sinne zu sein und wurde zur Souveränität – dem Ideal eines freien Willens, der unabhängig von anderen ist und sich letztendlich gegen sie behauptet.“[48]

Das extremste Beispiel einer „Souveränität“, die danach strebt, die Oberhand über andere zu erlangen, lässt sich bei den Staaten erkennen, die ihre Sicherheitsziele durch den Besitz von Atomwaffen verfolgen sowie durch die Androhung der katastrophalen Zerstörung, die diese anrichten können.

In gewisser Hinsicht kann die Geschichte des internationalen Rechts als der wiederholte Versuch angesehen werden, die Linien zu definieren, die souveräne Staaten nicht übertreten dürfen, und diese Grenzen als gemeinsame Norm festzulegen. In seinem Werk Über das Recht des Krieges und des Friedens rief Hugo Grotius (1583–1645), bestürzt über die Kriege, die Europa im 16. und 17.  Jahrhundert erschütterten, dazu auf, anzuerkennen, dass die Humanität derer, die wir als Feinde ansehen, fortbestehe und sie ein Recht hätten, dass die ihnen gegebenen Versprechen eingehalten würden.[49]

Im 19. Jahrhundert nahm diese Idee die Form eines Verbots bestimmter Waffen sowie bestimmter Handlungen zu Kriegszeiten an, und im 20. Jahrhundert – in der Folge zweier Weltkriege – führte sie zum Verbot des Einsatzes militärischer Gewalt oder der Drohung mit derselben in internationalen Beziehungen durch die UN-Charta. Bislang haben Verträge, die den Einsatz biologischer oder chemischer Waffen – wie auch in jüngerer Zeit den Einsatz von Landminen und Streumunition – untersagen, klargestellt, dass der Einsatz dieser Waffen unter jeglichen Umständen unzulässig ist. Dies führte dazu, dass immer weniger Länder an dem Wunsch festhalten, solche Waffen zu besitzen.

Das letzte Jahr bezeichnete den 20. Jahrestag des Inkrafttretens der Chemiewaffenkonvention. Inzwischen haben 192 Staaten dieses Abkommen ratifiziert und fast 90 Prozent der Chemiewaffenlager sind bereits zerstört worden.[50] Ist eine internationale Norm erst einmal klar etabliert, besitzt sie ein Gewicht, das nicht nur das Verhalten einzelner Staaten, sondern die Entwicklung der Welt als Ganzes prägt.

Beatrice Fihn, die Direktorin von ICAN, hob diesen Punkt in ihrer Rede anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises besonders hervor: „Kein Staat brüstet sich heute damit, ein Staat mit Chemiewaffen zu sein. Kein Staat sieht es als akzeptabel an, unter extremen Umständen das Nervengift Sarin anzuwenden. Kein Staat proklamiert für sich das Recht, bei seinem Feind die Pest oder Polio hervorzurufen. Weil internationale Normen gesetzt wurden, hat sich die Wahrnehmung verändert.“[51]

Aufgrund der Verabschiedung des TPNW sind Atomwaffen ganz klar als Waffen definiert worden, deren Einsatz unter jeglichen Bedingungen unzulässig ist.

UN-Generalsekretär António Guterres warnte: „Globale Spannungen verschärfen sich. Es wurde mit Säbeln gerasselt und über den Einsatz von Atomwaffen wurden gefährliche Worte gesprochen.“[52] Dies zeigt, dass wir in einer Zeit eines zunehmenden nuklearen Chaos leben, so dass wir ernsthaft die Annahmen hinterfragen sollten, die einer nuklearen Abschreckungspolitik zugrunde liegen.

An dieser Stelle möchte ich gerne eine der Lektionen betrachten, die uns der Kalte Krieg gelehrt hat. Damals gab es einen scheinbar unaufhörlichen Austausch „gefährlicher Worte“ in Bezug auf Atomwaffen und ihren möglichen Einsatz. Eine kürzlich ausgestrahlte TV-Dokumentation[53] widmete sich dem Besuch Nikita Chruschtschows (1894–1971) in den Vereinigten Staaten. Es war der erste Besuch eines sowjetischen Regierungschefs. Der Besuch fand im September 1959 statt, zwei Jahre nachdem der sowjetische Satellit Sputnik erfolgreich ins Weltall abgeschossen worden war.

In der amerikanischen Öffentlichkeit hatte Chruschtschow das Image eines gefährlichen Kriegstreibers. Dadurch wurde er überall mit Kritik an seiner Politik konfrontiert. Nichtsdestotrotz war es offensichtlich, dass er echten Gefallen an dem Zusammentreffen mit den einfachen amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern fand.

Trotz der Differenzen in ihren jeweiligen Standpunkten war Chruschtschow in der Lage, einen bestimmten Grad an Vertrauen zwischen der Sowjetunion und der amerikanischen Regierung aufzubauen. Im folgenden Jahr jedoch wurde über dem russischen Luftraum ein  amerikanisches Spionageflugzeug abgeschossen, und die Beziehungen wendeten sich wieder zum Schlechteren. 1961 folgte die Berlinkrise und 1962 erreichten die diplomatischen Beziehungen während der Kuba-Krise ihren Tiefpunkt, an dem Präsident John F. Kennedy (1917–1963) und Premierminister Chruschtschow sich im letzten Moment zurückhielten und so das Schlimmste verhinderten.

Dies zeigt, dass wir in einer Zeit eines zunehmenden nuklearen Chaos leben, so dass wir ernsthaft die Annahmen hinterfragen sollten, die einer nuklearen Abschreckungspolitik zugrunde liegen. Die Dokumentation endete damit, dass versucht wurde, sich in Chruschtschows Gemütszustand hineinzuversetzen und man stellte die durchdringende Frage: Während es sicher Gründe dafür gegeben hat, die ihn als Politiker dazu nötigten, einen Ausgleich zu suchen, wäre es nicht auch möglich, dass die schöne Erinnerung an seine flüchtigen Begegnungen mit amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern eine Rolle dabei gespielt hat, ihn davor zu bewahren, die Grenzlinie zu einen Atomkrieg zu überschreiten?

Während diese Frage selbstverständlich spekulativ bleiben muss, erkannte ich bei Chruschtschows Nachfolger Alexei N. Kosygin (1904–1980), den ich im September 1974 traf, dass er sich der Tatsache bewusst war: Eine große Masse an einfachen Bürgerinnen und Bürgern würden bei einem atomaren Angriff leiden und sterben.

Zu dieser Zeit waren die Beziehungen der Sowjetunion sowohl zu den Vereinigten Staaten als auch gegenüber China zunehmend  angespannt. Entschlossen, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um einen Atomkrieg zu verhindern, teilte ich Premierminister Kosygin mit, was ich gesehen hatte, als ich drei Monate vorher durch China gereist war. Dort waren chinesische Bürgerinnen und Bürger eifrig dabei, für den Fall eines eventuellen Angriffs durch die Sowjetunion Schutzräume zu bauen. Ich hatte außerdem beobachtet und war tief darüber bekümmert, dass Schülerinnen und Schüler in Peking auf ihrem Schulgelände einen unterirdischen Schutzraum gruben.

Ich berichtete ihm von der Furcht, die ich im chinesischen Volk wahrgenommen hatte, und fragte den Premierminister, ob die Sowjetunion vorhabe, China anzugreifen. Er antwortete mit Entschiedenheit, dass die Sowjetunion keinerlei Absicht habe, China anzugreifen oder zu isolieren. Ich trug diese Botschaft bei mir, als ich ein Jahr später erneut nach China reiste. Durch diese Erfahrung erkannte ich, wie wichtig es für die führenden Politikerinnen und Politiker von Atomwaffenstaaten ist, immer an die riesige Anzahl an Menschen zu denken – einschließlich der Kinder – die unter der Bedrohung durch Atomwaffen leben.

In ähnlicher Weise gibt es Berichte neueren Datums von dem Schock, den US-Präsident Ronald Reagan (1911–2004) empfunden hatte, als er 1982 eine Computersimulation einer militärischen Übung sah. Hierbei erschienen die Städte, die durch einen sowjetischen Angriff zerstört worden waren, als rote Punkte auf der Karte der Vereinigten Staaten. Mit jedem Moment, der verstrich, wuchs die Zahl dieser roten Punkte immer weiter an, bis „die Karte ein Meer an Rot enthielt, bevor der Präsident auch nur an seinem Kaffee nippen  konnte.“[54] Es heißt, dass Reagan den Griff zu seiner Kaffeetasse unterbrach, wie gelähmt von diesem Anblick.

Dieses Erlebnis muss Präsident Reagan im Kopf gehabt haben, als er später den Dialog mit der Sowjetunion aufnahm und schließlich eine Reihe von Gipfeltreffen mit Generalsekretär Michael Gorbatschow abhielt, mit dem er den INF-Vertrag abschloss.

Diese Realität bekannt zu machen war das Ziel der Ausstellung Die Würde des Lebens beschützen. Für eine Welt ohne Atomwaffen,  die die SGI zusammen mit ICAN entwickelt hat. Die Einführungstafeln der Ausstellung laden die Besucherinnen und Besucher zum Nachdenken darüber ein, was ihnen im Leben wichtig ist. Die Antwort auf diese Frage wird sicher für jeden Menschen eine andere sein. Doch wir sind davon überzeugt, dass die Konfrontation mit der Wahrheit, dass der Einsatz von Atomwaffen alles zerstören würde, was uns wichtig ist, maßgeblich dafür ist, um die öffentliche Solidarität aufzubauen, die wir brauchen, um die Ära der Atomwaffen zu einem Ende zu bringen.

Wie schon in der Kuba-Krise sichtbar wurde, in der die gegenseitigen Provokationen bis kurz vor einem Punkt eskalierten, an dem es kein Zurück mehr gegeben hätte, gibt es keine Möglichkeit zu wis­sen, wann das sogenannte „Gleichgewicht des Schreckens“ – als Ergebnis einer Fehleinschätzung oder einer falschen Vermutung – zusammenbrechen könnte. Die führenden Politikerinnen und Politiker der Staaten, die mit Atomwaffen bewaffnet oder die von Atomwaffen abhängig sind, sollten sich der letztlich fragilen Natur dieses Gleichgewichts bewusst sein.

Im Jahr 2002, als die Spannungen zwischen Indien und Pakistan ihren Höhepunkt erreicht hatten, spielten die diplomatischen  Bemühungen der Vereinigten Staaten eine Schlüsselrolle dabei, beide Seiten zu Zurückhaltung zu bewegen. US-Staatssekretär Colin Powell, der zwischen beiden Seiten vermittelte, appellierte an den pakistanischen Präsidenten, dass der Einsatz von Atomwaffen keine Option darstelle. Er fragte nachdrücklich: „Wollen Sie als Land oder als Führungsperson wirklich derjenige sein, der zum ersten Mal seit August 1945 diese Waffen verwendet? Schauen Sie sich die Bilder von Hiroshima und Nagasaki noch einmal genau an!“[55]

Die pakistanische Seite ließ sich durch diesen Einwand überzeugen, ebenso wie die indische, so dass eine Abwendung der Krise  möglich wurde.

In meinen Augen zeigen diese Lektionen aus der Geschichte, dass die Faktoren, die bis heute einen Atomkrieg verhindert haben, nicht etwa auf der Logik der Abschreckung, basierend auf dem Gleichgewicht des Schreckens beruhten, sondern auf etwas völlig anderem.

Ein Faktor ist die Bemühung, sich nicht zu verschließen, sondern die Kommunikationswege zwischen den Ländern aufrechtzuerhalten, die miteinander in Konflikt stehen. Ein anderer Faktor besteht darin, an das Ausmaß menschlichen Leids zu denken, das jeglicher  Einsatz von Atomwaffen bei Millionen von Bürgerinnen und Bürgern anrichten würde. Dies wurde der Welt durch die Schrecken der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki veranschaulicht.

„Damit niemand das erleiden muss, was wir erduldet haben.“

Im April und Mai dieses Jahres wird der Vorbereitungsausschuss für die NVV-Überprüfungskonferenz im Jahr 2020 tagen, und im Mai wird die UN auf höchster Ebene eine Konferenz zur nuklearen Abrüstung ausrichten. Dies werden die ersten Veranstaltungen nach der Verabschiedung des TPNW sein, die Diskussionen und Beratungen ermöglichen – sowohl für die Atomwaffenstaaten als auch für die von Atomwaffen abhängigen Staaten. Ich bitte alle Teilnehmenden inständig darum, sich in einer konstruktiven Debatte für das Ziel einer atomwaffenfreien Welt zu engagieren. Ich hoffe, dass die Führungspersönlichkeiten der Welt die Gelegenheit ergreifen werden und zu Schritten beitragen, die ihre Regierungen im Bereich atomarer Abrüstung im Vorfeld der NVV-Überprüfungskonferenz gehen können. Es wäre außerdem eine hervorragende Gelegenheit um bekanntzugeben, zu welchen der sieben im TPNW benannten Verbote, sie sich bekennen.

Das Verbot der Weitergabe oder der Beihilfe anderer Staaten zur Erlangung von Atomwaffen gehört beispielsweise zu den  Bestimmungen, denen die Atomwaffen-Staaten innerhalb des Kontextes des NVV zustimmen könnten. Für die Staaten, die von den Atomwaffen anderer Staaten abhängig sind, sollte es natürlich gleichermaßen möglich sein, ein Verbot des Einsatzes oder der Drohung des Einsatzes nuklearer Waffen in Erwägung zu ziehen, ebenso wie das Verbot, andere Staaten zu solchen Handlungen angesichts der jeweiligen Sicherheitspolitik zu ermutigen oder zu verleiten.

Die Wirksamkeit internationalen Rechts wird verstärkt durch die gegenseitige Ergänzung sogenannten „harten Rechts“, wie etwa in Form von Verträgen, und „weichen Rechts“ beispielsweise in Form von UN-Resolutionen oder internationalen Deklarationen. Im Bereich der Abrüstung gibt es das Beispiel des Umfassenden Vertrages über das Verbot von Nuklearversuchen (CTBT), gemäß dem Staaten,  die den Vertrag noch nicht ratifiziert haben, in gesonderte Vereinbarungen eintreten können, um mit dem internationalen  Überwachungssystem zu kooperieren. Im Falle des TPNW wäre es sinnvoll, parallel zu den Bemühungen, weitere Staaten für die  Unterzeichnung und Ratifizierung des Vertrags zu gewinnen, freiwillige Selbstverpflichtungen von Nichtvertragsparteien anzustreben, die bestimmte Verbote einhalten und diese in Deklarationen der nationalen Politik fortführen.

Wir sollten uns daran erinnern, dass der TPNW nicht getrennt von dem NVV entstanden ist. Es war schließlich die NVV-Überprüfungskonferenz von 2010, die eine erneute Bewusstheit über die zutiefst unmenschliche Natur des Einsatzes von Atomwaffen zum Ausdruck brachte – unterstützt sowohl von den Atomwaffenstaaten als auch von den von Atomwaffen abhängigen Staaten. Und es war diese Bewusstheit, die das Momentum für einen Verbotsvertrag beschleunigte.[56] Der TPNW seinerseits verleiht den  Verpflichtungen zur nuklearen Abrüstung unter Artikel VI des NVV eine konkrete Form und fördert ihre Erfüllung.

Im November 2017 organisierte das Toda Peace Institute, das ich zu Ehren des Vermächtnisses meines Mentors gegründet habe, eine internationale Konferenz in London zum Thema kooperative Sicherheit. Die Konferenz beratschlagte über die Herausforderungen, die  lange Zeit hinausgezögerte nukleare Abrüstung voranzutreiben. Sie prüfte außerdem die Möglichkeiten, auf welche Weise der NVV und der TPNW einander ergänzen können. Eine weitere Konferenz, die im Februar in Tokio stattfinden wird, soll Fachleute aus Japan, Südkorea, den Vereinigten Staaten und China zusammenbringen, um Möglichkeiten zu erörtern, wie der aktuelle Stillstand rund um Nordkoreas Atomwaffenprogramm durchbrochen sowie Frieden und Sicherheit in Nordostasien vorangebracht werden können.

Vor dem Hintergrund des fehlenden Fortschritts in der Reduzierung nuklearer Waffen, der fortlaufenden Modernisierung der Atomwaffenarsenale sowie der entscheidenden Herausforderung ihrer Weiterverbreitung, ist es an der Zeit, nach Synergien zwischen der Stärkung der Grundlagen des NVV und den Verboten, die klar durch den TPNW artikuliert wurden, zu suchen.

Ich hoffe ernsthaft, dass Japan die Führung bei der Verbesserung der Bedingungen für das Fortschreiten der nuklearen Abrüstung im Vorfeld der NVV-Überprüfungskonferenz im Jahr 2020 übernehmen wird. Als einziges Land, das den Einsatz von Atomwaffen während des Krieges erfahren hat, sollte Japan die Konferenz, die im Mai auf hoher politischer Ebene stattfinden wird, als Gelegenheit nutzen, um sich an die vorderste Front der von Atomwaffen abhängigen Staaten zu stellen, die dazu bereit sind, sich dem TPNW anzuschließen.

Um die Worte von Colin Powell zu paraphrasieren: Ist es Japans Absicht, ein Land zu werden, das die Möglichkeit eines erneuten Einsatzes von Atomwaffen zum ersten Mal seit 1945 duldet? Als Land, das das volle Grauen von Atomwaffen selbst erfahren hat, kann Japan nicht von seiner moralischen Verantwortung zurücktreten.

Sieben Handlungen, die der TPNW verbietet

Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals

  • Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper zu entwickeln, zu erproben, zu erzeugen, herzustellen, auf andere Weise zu erwerben, zu besitzen oder zu lagern;
  • Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber unmittelbar oder mittelbar an irgendjemanden weiterzugeben;
  • Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber unmittelbar oder mittelbar anzunehmen;
  • Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper einzusetzen oder ihren Einsatz anzudrohen;
  • irgendjemanden in irgendeiner Weise zu unterstützen, zu ermutigen oder zu veranlassen, Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Vertrags verboten sind;
  • von irgendjemandem in irgendeiner Weise irgendwelche Unterstützung zu suchen oder anzunehmen, um Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat aufgrund dieses Vertrags verboten sind;
  • eine Stationierung, Aufstellung oder Dislozierung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern in seinem Hoheitsgebiet oder an irgendeinem Ort unter seiner Hoheitsgewalt oder Kontrolle zu gestatten.

Der TPNW ist durchdrungen von dem Herzensanliegen der Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki: dass kein Land jemals wieder das Ziel eines nuklearen Angriffs sein möge und dass kein Land jemals wieder die Entscheidung treffen möge, einen Atomangriff zu starten. Die Hibakusha Setsuko Thurlow beschrieb ihre Gefühle bezüglich der Verabschiedung des Vertrags: „Er hat uns ebenfalls davon überzeugt, dass unsere fortwährenden Gespräche über unsere Erfahrungen, die schmerzvoll zu erinnern sind, genau richtig waren und niemals umsonst sein werden.“[57]

Im letzten Jahr betonte der Beauftragte Japans bei der Vorbereitungssitzung des Ausschusses für die NVV-Überprüfungskonferenz im Jahr 2020: „Das Erkennen der Konsequenzen eines Atomwaffeneinsatzes unterstützt alle Annäherungen an eine atomwaffenfreie Welt.“[58] Japans Haltung zu diesem Thema sollte immer in dem Geist begründet sein, der von den Hibakusha verkörpert wird: dass niemand jemals das Leid erdulden soll, das sie selbst erlitten haben.

Ein weiterer Vorschlag, den ich gerne zur Unterstützung der weltweiten Umsetzung des TPNW machen würde, betrifft die Mobilisierung einer zunehmenden Solidarität in der Zivilgesellschaft.

Die Bedeutung des Vertrags liegt in der umfassenden Ächtung aller Aspekte nuklearer Waffen. Doch ebenso bemerkenswert, oder sogar noch beachtlicher ist die Tatsache, dass er die Rolle und Partizipation der Zivilgesellschaft als wichtige Protagonistin in seine Umsetzung mit einbindet und sie nicht auf Staaten oder internationale Organisationen begrenzt. Der Vertrag sieht vor, dass zusätzlich zu den Staaten, deren Beitritt noch aussteht, die Zivilgesellschaft als Beobachterin zu der im Halbjahresrhythmus stattfindenden  Konferenz der Vertragsparteien eingeladen werden soll; wie auch zu den Überprüfungskonferenzen, die alle sechs Jahre abgehalten werden.

Dies ist eine Anerkennung der wichtigen Rolle, die insbesondere die Hibakusha der ganzen Welt sowie die Zivilgesellschaft als Ganze bei der Verabschiedung des Vertrags gespielt haben. Gleichzeitig ist es offensichtlich, dass das Verbot und die Abschaffung von  Atomwaffen in der Tat ein gemeinsames globales Unterfangen darstellt, welche die Teilnahme aller Länder, internationaler  Organisationen und der Zivilgesellschaft erfordert.

Die Präambel des Vertrags betont die Bedeutung einer Erziehung zu Frieden und Abrüstung. Dies war ein Punkt, den die SGI in ihren Stellungnahmen immer wieder betont hat, sowohl während der Vertragsverhandlungskonferenz selbst als auch mittels Arbeitspapieren, die sie der Konferenz vorlegte.[59] Wir sind davon überzeugt, dass eine Erziehung zu Frieden und Abrüstung das Vermächtnis des Wissens über die katastrophalen Konsequenzen eines wie auch immer gearteten Einsatzes von Atomwaffen von Generation zu Generation sichern kann. Dieses Wissen sowie die Erziehung, die es befördert, bilden die Grundlage für die aktive Umsetzung des Vertrages durch alle Länder.

Um die Bemühungen um das baldige Inkrafttreten und die weltweite Umsetzung des TPNW zu unterstützen, wird die SGI dieses Jahr die zweite People’s Decade for Nuclear Abolition [Dekade des Volkes für Nukleare Abrüstung] ausrufen. Diese wird auf den  Bemühungen aus der ersten Dekade aufbauen, die ich in einem Vorschlag zur Stärkung der UN vom August 2006 angeregt hatte. Diese Dekade begann im September 2007 in Gedenken an den 50. Jahrestag der Anti-Atomwaffen-Deklaration von Josei Toda, dem zweiten Präsidenten der Soka Gakkai.

Während dieser ersten Dekade brachte die SGI in Zusammenarbeit mit ICAN eine fünfsprachige DVD mit dem Titel Zeitzeugenberichte aus Hiroshima und Nagasaki: Frauen erheben ihre Stimme für den Frieden heraus, um das Grauen des Krieges und von Atomwaffen zu  verdeutlichen. Die Ausstellung Die Würde des Lebens beschützen ist in 81 Städten in 19 Ländern gezeigt worden. Außerdem wirkten wir im Jahr 2014 beim Sammeln von 5,12 Millionen Unterschriften für die Nuclear Zero-Kampagne mit, nachdem wir 2010 der NVV-Überprüfungskonferenz bereits eine Sammlung von 2,27 Millionen Unterschriften vorgelegt hatten, die eine Atomwaffenkonvention befürworteten.

Die SGI hat außerdem im August 2015 mit einigen Organisationen bei der Veranstaltung eines Weltjugendgipfels zur Abschaffung von Atomwaffen in Hiroshima zusammengearbeitet. Überdies nahmen wir an internationalen Konferenzen über die humanitären Auswirkungen von Atomwaffen sowie an zahlreichen Treffen und Verhandlungssitzungen teil, die unter der Schirmherrschaft der UN abgehalten wurden. Damit wollten wir sicherstellen, dass die Stimmen und Interessen der Zivilgesellschaft dort vertreten sind.

Mittels solcher Aktivitäten hat die SGI sich darum bemüht sicherzustellen, dass die zutiefst unmenschliche Natur von Atomwaffen im Zentrum der Abrüstungsdebatte bleibt. Wir forderten Verhandlungen über einen rechtsverbindlichen Vertrag zum Verbot nuklearer Waffen in allen Phasen und Aspekten, der in der Sehnsucht der einfachen Bürgerinnen und Bürger nach einer atomwaffenfreien Welt wurzelt.

Während die erste People’s Decade for Nuclear Abolition sich darauf konzentrierte, ein rechtsverbindliches Instrument zum Verbot  nuklearer Waffen zu realisieren, wird die zweite Dekade einen verstärkten Fokus auf eine Erziehung zu Frieden und Abrüstung in den Vordergrund stellen – mit dem Versuch, den TPNW auf der ganzen Welt umzusetzen und auf dieser Basis eine Veränderung in der realen Welt zu bewirken. Dies bedeutet, die Stimmen der Menschen auf der ganzen Welt für die Unterstützung des Vertrags zu gewinnen und den konkreten Prozess zu fördern, der die vollständige Abschaffung nuklearer Waffen herbeiführen wird.

Die Organisation Bürgermeister für den Frieden umfasst heute mehr als 7.500 Städte in 162 Ländern und Gebieten. Sie veranschaulicht das Ausmaß an Stimmen, die nach einer Welt ohne Atomwaffen rufen, auch und gerade in den Atomwaffenstaaten sowie in den von Atomwaffen abhängigen Staaten. Ferner besteht ICAN zurzeit aus 468 zivilgesellschaftlichen Organisationen weltweit. 

 Bürgermeister für den Frieden

Die Bürgermeister für den Frieden sind ein internationaler Zusammenschluss von Städten auf der ganzen Welt, die sich der Förderung des Friedens verschrieben haben. Das Städtebündnis wurde am 24. Juni 1982 bei der Zweiten UN-Sondersitzung für Abrüstung ins Leben gerufen, die im Hauptsitz der UN in New York abgehalten wurde. Dies geschah durch Takeshi Araki, dem damaligen Bürgermeister von Hiroshima. Bürgermeister Arakis Vorschlag erwuchs aus seiner Abscheu über den Tod von mehr als 140.000 Menschen durch den Atombombenabwurf über Hiroshima am 6. August 1945. Die Organisation bot Städten einen Weg, nationale Grenzen zu überwinden und gemeinsam auf die Abschaffung nuklearer Waffen zu drängen. In den Jahren seit ihrer Gründung haben die ihm nachfolgenden Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf der ganzen Welt dazu aufzurufen, die Vision der Bürgermeister für den Frieden zu unterstützen. Gegenwärtig gibt es 7.536 Mitgliedsstädte in 162 Ländern und Gebieten auf der ganzen Welt. 

Um die weltweite Umsetzung des TPNW voranzubringen, ist es meiner Auffassung nach wichtig, zusätzlich zu den Bemühungen der Zivilgesellschaft, weitere Staaten zu einer Teilnahme zu ermutigen, um das weltweite Ausmaß der Unterstützung für den Vertrag kontinuierlich sichtbar zu machen. Es könnte beispielsweise wirkungsvoll sein, mit ICAN, den Bürgermeistern für den Frieden und anderen gleichgesinnten Organisationen zusammenzuarbeiten, um eine Weltkarte zu erstellen, in der die Städte, die den Vertrag unterstützen, mit blauer Farbe dargestellt werden – der Farbe der UN. Außerdem sollten die Stimmen der Zivilgesellschaft zur Unterstützung des Vertrages weitläufig veröffentlicht und bei UN-Veranstaltungen oder anderen Abrüstungskonferenzen übermittelt werden.

In gleicher Weise sollten Bemühungen gemacht werden, den Kreis der Befürworterinnen und Befürworter des Vertrages stetig zu  erweitern. Dabei sollte der Fokus unter anderem auf Frauen, Jugendlichen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Glaubensgemeinschaften liegen. Die Zivilgesellschaft sollte weiterhin die Staaten dazu anzuhalten, sich dem Vertrag anzuschließen. Außerdem sollte sie nach seinem Inkrafttreten die Staaten, die noch keine Vertragspartner sind, dazu ermutigen, die Treffen der  Vertragsstaaten zu besuchen und ihre Konferenzen als Beobachter überwachen.

Weiter oben habe ich die Simulation einer militärischen Übung erwähnt, die inmitten des Kalten Krieges durchgeführt wurde und in der eine Weltkarte in ein apokalyptisches Rot getaucht war. Wir, die Völker der Erde, können den Zustand nicht länger hinnehmen, in dem die Gräuel eines atomaren Schlagabtauschs im Bereich des Möglichen liegen. Das Gewicht dieses Willens der Weltbevölkerung sollte klar zum Ausdruck gebracht werden, um die Welt als Ganzes in Richtung Denuklearisierung zu bewegen.

In ihrer Dankesrede für den Friedensnobelpreis erklärte Setsuko Thurlow: „Als ich ein 13-jähriges Mädchen war, gefangen in glimmendem Schutt, ging ich unbeirrt voran. Ich bewegte mich auf das Licht zu. Und ich überlebte. Heute ist unser Licht der Verbotsvertrag … Welchen Schwierigkeiten wir auch gegenüberstehen, wir werden weiter vorangehen und nicht aufhören, dieses Licht mit anderen zu teilen. Das ist unsere Leidenschaft und unsere Hingabe, damit unsere eine kostbare Welt überleben kann.“[60]

Auf der Grundlage des globalen Netzwerks, das durch ICAN, die Bürgermeister für den Frieden und andere geschaffen wurde, sollten  wir den Willen der Weltbevölkerung zur Abschaffung von Atomwaffen sichtbar machen. Das Gewicht dieses Willens des Volkes kann  schlussendlich eine Änderung in der Politik der Atomwaffenstaaten sowie der von den Atommächten abhängigen Staaten herbeiführen  und schließlich das Atomzeitalter zu einem Ende bringen. Dies ist meine tiefste Überzeugung.

Zugang zu Bildung für Kinder mit Migrationshintergrund

Der zweite Themenbereich, den ich ansprechen möchte, sind die Menschenrechte. Hier ist mein erster Vorschlag, die Bedingungen für geflüchtete Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund zu verbessern.

Derzeit bemühen sich die Vereinten Nationen, bis Ende des Jahres 2018 zwei Vereinbarungen zu verabschieden: einen Globalen Pakt für Migration und einen für Geflüchtete. Ich möchte dazu anhalten, dass die Menschenrechte als roter Faden bestimmt werden, der die einzelnen Elemente dieses Abkommens miteinander verbindet, und dass die internationale Gemeinschaft die Sicherstellung von Bildungsmöglichkeiten für geflüchtete Kinder und Kinder mit Migrationshintergrund zu ihrem vorrangigen Ziel und ihrer gemeinsamen Verpflichtung macht.

Es gibt gegenwärtig 65,6 Millionen gewaltsam vertriebene Menschen auf der Welt, und über die Hälfte aller Geflüchteten weltweit sind Kinder unter 18 Jahren.[61] Gleichermaßen leiden viele Kinder von Eingewanderten unter feindseliger Behandlung als Folge von Vorurteilen und Diskriminierung.

Kinder mit Migrationshintergrund, die von ihren Eltern oder Aufsichtspersonen getrennt wurden, sind mit besonders harten Bedingungen konfrontiert. Laut einem Bericht von UNICEF aus dem Jahr 2017, der sich auf die Jahre 2015 und 2016 bezieht, ist ihre  Zahl seit 2010 nahezu um das Fünffache gestiegen, und zwar auf über 300.000 unbegleitete und von den Eltern getrennte Kinder in 80 Ländern.[62]

Im Einklang mit dem Titel des UNICEF-Berichts Ein Kind bleibt ein Kind, müssen die Rechte und die Würde von Kindern gleichermaßen beschützt werden, unabhängig von ihrem Status als Geflüchtete oder Eingewanderte. Dies ist das Leitprinzip der Allgemeinen  Erklärung der Menschenrechte (AEMR) sowie der UN-Kinderrechtskonvention.

Die Bedeutung von besseren Bedingungen für Kinder wurde in der New Yorker Erklärung mehrfach betont, die beim UN-Gipfel für Flüchtlinge und Migranten im Jahr 2016 verabschiedet wurde. Sie besagt: „Wir werden die Menschenrechte und Grundfreiheiten aller  Kinder unter den Flüchtlingen und Migranten schützen, ungeachtet ihres Status und jederzeit unter vorrangiger Berücksichtigung des Kindeswohls.“[63] Die Erklärung drückt außerdem den Entschluss aus, „dafür zu sorgen, dass alle Kinder binnen weniger Monate nach ihrer Ankunft [in den aufnehmenden Ländern] in die Schule gehen.“[64]

Um diesem Entschluss eine konkrete Form zu geben, sollten die beiden globalen Abkommen Verpflichtungen für Staaten enthalten,  politische Maßnahmen zu erlassen, die sicherstellen, dass alle Kinder Zugang zu Bildung erhalten. Darüber hinaus sollte ein  Rahmenwerk geschaffen werden, wodurch diejenigen Staaten, die nur eine geringe Anzahl an Geflüchteten oder Migrantinnen und Migranten aufnehmen, verschiedene Formen der Unterstützung für jene Staaten zur Verfügung stellen, die Geflüchtete in höherer Zahl aufnehmen.

Wie in der New Yorker Erklärung betont wird, bietet der Zugang zu Bildung nicht nur einen grundlegenden Schutz für Kinder, die in widrigen Umständen leben, sondern kann außerdem dazu dienen, den Mitgliedern der jüngeren Generation Hoffnung für die Zukunft zu vermitteln.

Yusra Mardini, eine aus Syrien geflüchtete Athletin, die durch den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) zur Sonderbotschafterin ernannt wurde, erklärte: „Mit Essen im Magen, können Flüchtlinge überleben. Aber nur wenn es auch Nahrung für die Seele gibt, können wir etwas erreichen“[65]

Das Boot, mit dem Yusra und andere Geflüchtete aus ihrem vom Krieg erschütterten Heimatland flüchteten, kenterte zwischen der Türkei und der griechischen Insel Lesbos. Sie und ihre Schwester sprangen ins Meer und zogen das Boot in sichere Gewässer. Sie schwammen stundenlang und riskierten ihr eigenes Leben, um das der anderen zwanzig Passagiere zu retten. Nachdem sie schließlich in Deutschland angekommen waren, trainierten sie sich als Schwimmerinnen und wurden Mitglieder des ersten Olympischen Teams Geflüchteter bei den Olympischen Spielen im Jahr 2016 in Rio de Janeiro. Heute absolviert sie ein Vollzeitstudium in Deutschland und setzt gleichzeitig ihr Training fort, in der Hoffnung auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio im Jahr 2020.

Yusra beharrt darauf: „Flüchtlinge sind ganz normale Menschen, oftmals in traumatischen und verheerenden Lebensumständen, die zu außergewöhnlichen Dingen fähig sind, wenn man ihnen die Chance gibt.“[66]

Ich bin davon überzeugt, dass vor allem Bildung eine solche Chance bedeutet. Es ist außerdem meine aufrichtige Hoffnung, dass die  Bildungserfahrung, die so unerlässlich für die Zukunft von geflüchteten Kindern ist, sich auf die anderen Kinder ausweitet, mit denen sie zusammen in ihren Gastgebergemeinschaften lernen. So entsteht ein starkes Gefühl der Koexistenz.

An dieser Stelle ist die Erfahrung von Beatrice Fihn, der Direktorin von ICAN, von Bedeutung, die über ihre Kindheit in Schweden reflektiert: „Ich bin in einer Gemeinschaft von vielen Menschen mit Migrationshintergrund aufgewachsen. Als ich sieben Jahre alt war, erfuhr meine Schule einen plötzlichen Zustrom von Kindern aus den Balkanländern. Sie alle hatten furchtbare Erfahrungen gemacht. (…) Ich hatte auch Freunde, deren Eltern aus dem von Dürre betroffenen Somalia eingewandert waren. Sie zu treffen, ihre Geschichten  zu hören und anschließend ihre Eltern zu treffen, die diese Erfahrungen gerade durchgemacht hatten, brachte mir die Realität der  Konflikte und Krisen näher, die in anderen Ländern stattfinden.“[67]

Diese Begegnungen mit Kindern mit Flucht- oder Migrationshintergrund aus der ganzen Welt wurden für sie zu einem motivierenden Faktor, in ihrer Arbeit wichtige globale Themen in Angriff zu nehmen.

Die UNHCR setzt sich für die Integration von Geflüchteten in nationale Bildungssysteme ein. Die Freundschaften, die sich in der Schulumgebung zwischen den Kindern bilden, können erheblich dazu beitragen, den Austausch von Familien untereinander, aber auch mit dem Aufnahmeland insgesamt zu vertiefen. Zusätzlich zum Schulsystem bieten nichtoffizielle Bildungsumgebungen den geflüchteten Kindern wichtige Gelegenheiten zu lernen. Die SGI wird in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen diese Initiativen aktiv unterstützen. 

Die Menschenrechte der Älteren

Als Nächstes möchte ich die Menschenrechte von älteren Menschen ansprechen – ein Thema, mit dem sich die gegenwärtige Gesellschaft dringend auseinandersetzen muss.

Gemäß der UN leben heute weltweit mehr als 900 Millionen Menschen im Alter von sechzig Jahren und älter. Es wird erwartet, dass diese Zahl bis zum Jahr 2030 auf 1,4 Milliarden anwachsen wird.[68] Besonders in den Industrieländern kämpfen viele Regierungen damit, auf die plötzlichen Veränderungen in den gesellschaftlichen Strukturen zu reagieren, die durch den demografischen Wandel entstanden sind.

Dies war eines der Themen, die bei der achten Sitzung der offenen Arbeitsgruppe über das Altern (OEWG-A) diskutiert wurden. Sie wurde im Juli 2017 von der UN abgehalten. Dort wurde darauf hingewiesen, dass sich der Zugang zur Gesamtheit der Menschenrechte mit dem Alter verringert, trotz der Erklärung in der UDHR, nach der alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren werden. Dies ist auf die negative Vorstellung zurückzuführen, dass die Älteren weniger produktiv und daher weniger wertvoll für die Gesellschaft seien, eine Last für die Wirtschaft und für die jüngeren Generationen. Die Teilnehmenden stimmten darin überein, dass solch eine strukturelle Diskriminierung und derartige Vorurteile zum sozialen Ausschluss älterer Menschen führen können und daher bekämpft werden müssen.

Die Notwendigkeit, die Rechte älterer Menschen zu beschützen, wurde von Argentinien im Jahr 1948 in Form des Entwurfs einer Resolution an die UN-Generalversammlung übermittelt, kurz bevor die UDHR in Paris verabschiedet worden war. Die Rechte von älteren Menschen fanden jedoch über viele Jahre hinweg nicht das Interesse der Regierungen. Der internationale Diskurs über dieses Thema begann sich erst mit der Weltversammlung über das Altern, die 1982 in Wien stattfand, ernsthaft zu entwickeln. Dieser Diskurs führte 1991 zu der Verabschiedung von fünf Grundsätzen der Vereinten Nationen für ältere Menschen. Sie umfassen die Punkte Selbstständigkeit, Mitsprache, Betreuung, Selbstverwirklichung und Würde. Während Selbstständigkeit (der Respekt für den freien Willen eines Individuums), Betreuung (die Gewährleistung der Gesundheit und des täglichen Lebensablaufes) und Würde (die Sicherstellung des Schutzes vor Diskriminierung und Missbrauch) selbstverständlich Rechte von älteren Menschen sind, ist es wesentlich, sich daran zu erinnern, dass sie allein nur einen Anfangspunkt darstellen.

An dieser Stelle erinnere ich mich an den Dialog, den ich mit Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, dem Ko-Präsidenten des Club of Rome, geführt habe. Eines der Themen, die wir diskutierten, war, wie man ein Gefühl der Sinnhaftigkeit und Erfüllung in das Leben von älteren Menschen bringen könnte. Auf der Grundlage seiner eigenen Erfahrung betonte Dr. von Weizsäcker, dass die Gesellschaft als Ganze  davon profitieren würde, könnte man die Bedingungen dafür schaffen, dass ältere Menschen ihre Arbeit fortsetzen können, sofern dies ihr Wunsch ist.[69]

Ich stimme dieser Auffassung vollkommen zu. Es ist meine feste Überzeugung, dass es uns Freude und Erfüllung im Leben bringt, wenn wir in der Lage sind, auf irgendeine Weise zum Glück von anderen und der Welt beitragen zu können, sei es durch Arbeit oder irgendeine andere Fähigkeit. In diesem Sinne sind die beiden anderen UN-Grundsätze – Teilnahme und Selbstverwirklichung – unerlässlich, damit auch ältere Menschen Sinn und Erfüllung in ihrem Leben erfahren.

Gut behandelt zu werden ist selbstverständlich essenziell für ein würdevolles Leben. Doch noch wichtiger ist es, von anderen als eine unersetzliche Quelle spiritueller Unterstützung betrachtet zu werden. Genau dies ist es, was unsere Würde strahlen lässt. Die  Bedeutung solcher Verbindungen bleibt unverändert, selbst bei schwerer Krankheit oder Abhängigkeit von pflegerischer Versorgung.  Von Menschen umgeben zu sein, die Glück und Freude aus unserer Gegenwart ziehen, stellt in sich selbst eine Quelle der Würde dar.  Vor drei Jahren initiierte die SGI die Ausstellung Hoffnung und die Kultur des Friedens. Die Ausstellung versuchte dem negativen Bild des Alterns durch Geschichten über ältere Menschen entgegenzuwirken, die aktiv zum Wohlergehen jüngerer Menschen oder der  Gesellschaft allgemein beitragen. Die Ausstellung ruft zum Aufbau einer Kultur des Friedens auf und wirbt für eine Gesellschaft, in der die reichhaltige Erfahrung und Weisheit älterer Menschen geschätzt wird.

Wie sowohl bei der Zweiten Weltversammlung über das Altern (2002) als auch später von der Offenen Arbeitsgruppe über das Altern (2017) betont wurde, ist der Schutz der Menschenrechte von älteren Menschen für die Erschaffung einer Kultur der Menschenrechte wesentlich, einer Kultur, in der Menschen aller Altersgruppen respektiert werden, und die keine Form der Diskriminierung duldet.

Die Notwendigkeit eines internationalen Rechtsmittels zum Schutz der Rechte älterer Menschen befand sich unter den  Tagesordnungspunkten, über die bei der Offenen Arbeitsgruppe über das Altern beraten wurde. Ich hoffe sehr, dass bald Verhandlungen zu einer Konvention über die Rechte älterer Menschen beginnen werden. Außerdem schlage ich vor, dass eine dritte Weltversammlung über das Altern in Japan abgehalten wird, wo das Altern der Bevölkerung noch weiter fortgeschritten ist als irgendwo anders auf der ganzen Welt.

Die Politische Erklärung und der Internationale Aktionsplan von Madrid über das Altern, die beide auf der Zweiten Weltversammlung  über das Altern vereinbart wurden, erkennen die Erfahrungen und Ressourcen älterer Menschen als „wertvollen Beitrag zur Entstehung reifer, voll integrierter und menschlicher Gesellschaften“[70] an. Außerdem können ältere Menschen zusätzlich zu ihrer Rolle als Führungspersönlichkeiten in der Familie und der Gemeinde dabei helfen, mit Notlagen zurechtzukommen und Wiederaufbau und Rehabilitation zu fördern.

Dies war in der Tat die Erfahrung, die in Japan beim Wiederaufbau nach dem Erdbeben von Tohoku am 11. März 2011 gemacht wurde. Das Sendai-Rahmenwerk zur Katastrophenvorsorge 2015–2030, das bei der Dritten Weltkonferenz der Vereinten Nationen zu diesem Thema verabschiedet wurde, beschreibt, wie unverzichtbar es ist, ältere Menschen mit einzubeziehen, wenn es um das  Katastrophenrisikomangagement einer Gesellschaft geht.[71]

Eine Konvention über die Rechte älterer Menschen sollte auf den Grundsätzen der UN beruhen, auf die ich weiter oben bereits  verwiesen habe. Überdies sollte sie Bestimmungen über das Konzept enthalten, das als „Zuhause alt werden“ bekannt ist: Wie können Menschen möglichst lange würdevoll in ihrer vertrauten Umgebung leben und das Gefühl behalten, dass ihr Leben einen Sinn hat.

Persönliche Erfahrungen mit den unvermeidlichen Härten des Lebens zu teilen ist ein zentraler Aspekt der Glaubensaktivitäten der SGI. Lokale SGI-Gemeinschaften setzen sich aktiv dafür ein, hierfür die entsprechenden Räume zu schaffen. Viele ältere SGI-Mitglieder entzünden durch ihre Worte, die das ganz besondere Gewicht von tief durchlebten Erfahrungen in sich tragen, die Flamme des Mutes und der Hoffnung in den Herzen der jüngeren Generation.

Im Jahr 1988, also drei Jahre vor der Verabschiedung der Grundsätze der Vereinten Nationen für die Rechte älterer Menschen, schlug ich vor, innerhalb der Soka Gakkai eine Gruppe, die vor allem aus älteren Mitgliedern besteht, „Juwelenreich-Gruppe“ zu nennen. Ein Kapitel des Lotos-Sutra beschreibt das Hervorkommen eines riesigen Juwelenstupa, der mit zahllosen Juwelen und kostbaren Steinen geschmückt ist. Ein Buddha namens Juwelenreich erscheint im Innern dieses Stupa und bezeugt die Wahrheit von Shakyamunis Lehre, dass alle Menschen mit einer ihnen innewohnenden Würde ausgestattet sind. Als ich diesen Namen für meine geliebten Freundinnen und Freunde vorschlug, die unschätzbar wertvolle Erfahrungen in den beiden so eng zusammengehörigen Bereichen von Leben und Glauben angesammelt haben, hatte ich diese Szene vor Augen. Nach der Gründung der „Juwelenreich-Gruppe“ wurden noch weitere Gruppen in bestimmten Regionen Japans gegründet, darunter die „Lebensspanne-Schätze-Gruppe“ in Tokio sowie die „Goldene-Schätze-Gruppe“ in Kansai. Heute gibt es ähnliche Gruppen auf der ganzen Welt, wie etwa die Gruppe „Goldener Herbst“ in Deutschland oder die „Diamanten-Gruppe“ in Australien.

Unsere älteren Freundinnen und Freunde sind wahrhaft Schätze, sowohl innerhalb unserer buddhistischen Gemeinschaft als auch in ihren jeweiligen Städten und Gemeinden. Sie können von ihren Erfahrungen berichten, wie sie den unvermeidlichen Leiden begegnet sind, die im Buddhismus als die Leiden von Geburt, Alter, Krankheit und Tod bezeichnet werden, und wie sie diese überwunden haben. Sie spielen eine enorm wertvolle Rolle, wenn es darum geht, das spirituelle Erbe der Friedensaktivitäten innerhalb der SGI lebendig zu erhalten, indem sie zum Beispiel ihre Kriegserfahrungen mit uns teilen oder ihre Erfahrungen als Überlebende der Atombombenangriffe. Außerdem helfen sie dabei, das Netzwerk gegenseitiger Unterstützung und Ermutigung während des Wiederaufbaus nach Katastrophen aufrechtzuerhalten, und zwar durch ihr tiefes Wissen über die Geschichte der Städte und Gemeinden und der menschlichen Beziehungen vor Ort.

Die SGI wird auch weiterhin dafür sorgen, dass die kommenden Generationen von der Lebenserfahrung älterer Menschen lernen können, die Kriege und Katastrophen überlebt haben. Zu diesem Zweck werden wir gemeinsam mit anderen glaubensbasierten Organisa­tionen Symposien abhalten, die darauf abzielen, in der Gesellschaft ein neues Ethos zum Schutz der Rechte und der Würde älterer Menschen zu erschaffen.

Der Zusammenschluss kommunaler Gemeinschaften für den Klimaschutz

Der dritte und letzte Themenbereich, den ich ansprechen möchte, ist die Frage, wie die Dynamik in der Umsetzung der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) beschleunigt werden kann, in denen es um die globalen Herausforderungen von Armut, Hunger, Bildung und Klimawandel geht. Tatsächlich hat es bei diesen Zielen einen bedeutenden Fortschritt geben, was den Aufbau von  Strukturen für eine internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Klimawandels angeht.

Im letzten November hinterlegte Syrien als letztes Land, das dem Pariser Klimaabkommen beigetreten ist, seine Ratifizierungsurkunde  bei der UN. Auch wenn die Ankündigung der Vereinigten Staaten, von dem Abkommen zurückzutreten, weiterhin Anlass zur Sorge gibt, bleibt die grundlegende Struktur bestehen, mittels derer alle Staaten an der Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen  zusammenarbeiten können.

In den vergangenen Jahren haben viele Gegenden auf der ganzen Welt extreme Wetterereignisse erlebt. Dies hat uns wieder bewusst gemacht, dass kein Ort auf der Erde vor derartigen Bedrohungen sicher ist. Wir wurden Zeugen eines dramatischen Anstiegs der Zahl von Klimaflüchtlingen; Menschen, die aufgrund der verheerenden Auswirkungen von Dürre, Flut und dem Anstieg des Meeresspiegels aus ihrer Heimat fliehen mussten. Es wird geschätzt, dass die Zahl an Umweltmigrantinnen und -migranten bis zum Jahr 2050 auf mindestens eine Milliarde steigen könnte, sofern die gegenwärtige Entwicklungstendenz der globalen Erderwärmung sich fortsetzen sollte.[72]

Das Pariser Klimaabkommen bietet einen Weg, die Lebensgrundlagen und die Würde der Menschen vor solchen Bedrohungen zu schützen. Es dient außerdem als Grundlage zur Erschaffung einer nachhaltigen Gesellschaft, die wir zukünftigen Generationen weitergeben können. Den Bedingungen des Pariser Klimaabkommens kann sich kein Land entziehen, bevor nicht vier Jahre seit dessen Inkrafttreten vergangen sind, also nicht vor November 2020. Es bleibt stark zu hoffen, dass die Vereinigten Staaten Teil dieses Abkommen bleiben und mit anderen Ländern zusammenarbeiten werden, um dessen Ziele zu erreichen.

Der Kampf, den Klimawandel aufzuhalten, ist sicher eine heikle Herausforderung; dennoch setze ich meine Hoffnung in die ehrgeizigen Initiativen, die auf kommunaler Ebene in Gang gesetzt wurden. Ein Beispiel dafür ist der Beschluss, der im letzten Jahr bei der Konferenz der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Vereinigten Staaten verabschiedet wurde. Mehr als 250 Stadtoberhäupter verpflichteten sich hierbei, 100 Prozent des Energiebedarfs ihrer Städte bis zum Jahr 2035 aus erneuerbaren Energien zu speisen.[73]  In Europa hat die Stadt Paris Pläne angekündigt, bis zum Jahr 2030 innerhalb von Paris ausschließlich die Nutzung elektrischer Fahrzeuge zu gestatten,[74] während Stockholm sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2040 frei von fossilen Brennstoffen zu werden.[75] Überdies gaben im Juni letzten Jahres 140 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister als Vertretung der größten Städte auf der ganzen Welt die Montreal Deklaration ab, in der sie ihre Entschlossenheit zum Ausdruck brachten, das Pariser Abkommen umzusetzen, und zwar unabhängig vom internationalen politischen Kontext.[76]

Diese Beispiele demonstrieren die Fähigkeit von Städten und Stadtverwaltungen, wirksame Maßnahmen in einem Bereich zu treffen, in dem die Wahrnehmung von konkurrierenden nationalen Interessen die Regierungen gelähmt hat, Risiken miteinander zu teilen. Sie haben erkannt, dass es unmittelbar zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger beiträgt, wenn sie die Umsetzung des Pariser  Abkommens unterstützen.

Das Bundesumweltministerium Deutschlands hat beim Aufbau von Partnerschaften zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen innerhalb der Stadtverwaltungen der Europäischen Union die Führung übernommen. Dies ist ein Beispiel dafür, wie man die gewonnen Erkenntnisse und besten Verfahren miteinander teilen kann. Es gibt eine dringende Notwendigkeit, ähnliche kooperative Rahmenwerke innerhalb der Region Nordostasiens zu entwickeln, die für einen hohen Ausstoß an Treibhausgas-Emissionen verantwortlich ist. Zu diesem Zweck schlage ich die Errichtung eines Netzwerks der kommunalen Verwaltungen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zwischen Japan und China vor, die zusammen für ein Drittel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind.[77]

In Japan sind unter dem Titel Zukunftsstädte und Öko-Modellstädte in einigen Kommunen vorausblickende Aktionspläne implementiert worden, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. In China, das im Bereich Solarstromnutzung weltweit führend ist, sind in vielen Gemeinden erneuerbare Energiequellen installiert worden.

Ein möglicher Weg, um ein solches kommunales Verwaltungsnetzwerk zwischen Japan und China zu errichten, läge darin, solche Gemeinden in beiden Ländern, die bereits bedeutende Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels unternommen haben, zur Teilnahme an der von der UN geleiteten Initiative Climate Neutral NOW [Klimaneutral JETZT] zu ermutigen.

Ich schlage die Errichtung eines Netzwerks der kommunalen Verwaltungen zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zwischen Japan und China vor. Zwischen Tokio und Peking, Kobe und Tianjin wie auch zwischen Kitakyushu und Dalian sind bereits  Partnerschaften zum Schutz der Umwelt entstanden. Wenn man weiterhin gemeinsame Aktionen zwischen örtlichen Behörden in  Bereichen wie etwa der technologischen Zusammenarbeit sowie dem Austausch von Wissen und Erfahrungswerten fördert, könnten die beiden Länder eine Grundlage für ein breiteres regionales Rahmenwerk schaffen.

Heute reisen jährlich fast 9 Millionen Menschen zwischen Japan und China hin und her,[78] und es gibt inzwischen 363  Partnerstadt-Vereinbarungen.[79] Im September 1968, vor einem halben Jahrhundert, legte ich einen Vorschlag zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Japan und der Volksrepublik China vor. Aus heutiger Sicht ist es schwer vorstellbar, aber damals war die Situation so angespannt, dass selbst das bisschen Handel bedroht war, das zwischen diesen beiden Ländern existierte. Damals stieß ich schnell auf harte Kritik, als ich nur von einer bilateralen Freundschaft sprach. Auf diesem Hintergrund habe ich auf einer Versammlung von über 10.000 Studierenden die folgende Erklärung abgegeben:

„Es gibt eine Reihe von Problemen, die gelöst werden müssen, bevor eine vollständige Normalisierung der Beziehungen stattfinden kann (…) Es sind alles komplexe und mit Schwierigkeiten belastete Themen. Und sie können nicht gelöst werden ohne gegenseitiges Verständnis und ein tiefes Vertrauen zwischen beiden Ländern. Am wichtigsten aber erscheint mir ein gemeinsames Streben nach Frieden (…). Sei es als Staat oder als Volk, heute ist es in der Weltgesellschaft nicht mehr akzeptabel, ausschließlich nach dem eigenen Vorteil zu streben. Wenn wir aber eine globale Perspektive einnehmen und zu Frieden, Wohlstand und der Förderung von Kultur beitragen, werden wir im kommenden Jahrhundert unseren Wert als Volk beweisen.“[80]

Die Initiative Climate Neutral NOW

Climate Neutral NOW [Klimaneutral JETZT] ist eine Initiative, die durch die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) ins Leben gerufen wurde und die eine weltweite Gemeinschaft von Organisationen repräsentiert, die sich dem Ziel verschrieben haben, bis zur zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts klimaneutral zu werden. Um die drei Maßnahmen „Messen, Reduzieren und Kompensieren“ herum, ermutigt die Initiative Einzelpersonen, Unternehmen und Regierungen, ihren CO2-Fußabdruck zu messen, die Emissionen  weitest möglich zu reduzieren und den Rest durch UN-Emissionszertifikate auszugleichen. Das UN-Klimasekretariat lädt  Organisationen ein, die Climate Neutral NOW-Verpflichtung anzunehmen und sich damit einer wachsenden Bewegung von Einzelpersonen, Unternehmen und Regierungen anzuschließen, die federführend darin sind, Emissionen zu reduzieren sowie dazu beitragen, den weltweiten Prozess in Richtung einer klimaneutralen Zukunft zu beschleunigen. Die Initiative startete als ein Ergebnis des Pariser Klimaabkommens von 2015 – dem weltweiten Abkommen zur Bekämpfung des Klimawandels.[81]

In den vergangenen fünfzig Jahren ist China nicht nur Japans wichtigster Handelspartner geworden, Japan ist seinerseits zu Chinas zweitgrößtem Handelspartner nach den USA aufgestiegen. Auch auf dem Gebiet der Bildung und Erziehung stellen die chinesischen Universitäten heute die höchste Zahl an akademischen Austauschpartnern für japanische Bildungsinstitutionen. 1975 war die von mir gegründete Soka-Universität die erste Hochschule Japans, die staatlich geförderte Studierende aus China aufnahm, die nach der Normalisierung der bilateralen Beziehungen zum Studieren nach Japan kamen.

Im Jahr 1979, ein Jahr nach der Unterzeichnung des Vertrages über Frieden und Freundschaft zwischen China und Japan, wurde ein Jugendaustauschprogramm gestartet, das für Generationen von jungen Menschen jährlich die Möglichkeit schuf, Freundschaften aufzubauen und gegenseitiges Verständnis zu vertiefen. Auf Graswurzelebene entsandte die Soka Gakkai im Jahr 1979 zum ersten Mal eine Jugenddelegation nach China. Diesen Jugendaustausch haben wir bis heute fortgesetzt. Im Jahr 1985 unterzeichneten unsere Organisation und der Allchinesische Jugendbund eine gemeinsame Austauschvereinbarung, gemäß der bis heute regelmäßige Austauschprogramme durchgeführt werden. Das jüngste dieser Programme fand im November 2017 statt, als eine Jugenddelegation der Soka Gakkai China besuchte, um die Verbindungen zwischen den beiden Ländern zu verbessern.

Auf all diesen Wegen hat sich die Zahl der bilateralen Austauschbesuche substanziell erhöht, und die Kooperation konnte auf verschiedenen Gebieten gestärkt werden.

Dieses Jahr markiert den 40. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrages über Frieden und Freundschaft zwischen Japan und China. Dies bietet eine vielversprechende Gelegenheit, auf der lange bestehenden Kooperation zwischen den beiden Ländern weiter aufzubauen und noch festere Bande zu knüpfen. Der beste Weg, um dies zu verwirklichen, besteht in solidarischen Handlungen für das Wohl unseres Planeten und der ganzen Menschheit. Klimaschutzmaßnahmen und nachhaltige Städte stellen beim Erreichen der SDGs entscheidende Herausforderungen dar. Daher ist es meine große Hoffnung, dass China und Japan zusammenarbeiten werden, um die innovativen Kräfte und Leidenschaften ihrer jüngeren Generationen dafür zu mobilisieren, vorbildliche Lösungen für diese Herausforderungen zu finden, die für Nordostasien und die ganze Welt Vorbild sein können. 

Empowerment von Frauen – Schlüssel zur Lösung globaler Herausforderungen

Als letztes Thema möchte ich die Frage der Gleichstellung der Geschlechter und die Frage des Empowerment von Frauen und Mädchen im Zusammenhang mit den SDGs aufgreifen.

Die Gleichstellung der Geschlechter und das Prinzip des Empowerments sollten nicht nur als eins der 17 SDGs angesehen, sondern vielmehr als Schlüssel erkannt werden, der das Erreichen des vollständigen Spektrums aller Ziele beschleunigen kann. Phumzile Mlambo-Ngcuka, die Exekutivdirektorin von UN Women – der führenden Organisation für die Gleichstellung der Geschlechter – trug beim UN-Sicherheitsrat vom Oktober 2017 folgende Erklärung vor: „Die Agenda für Frauen, Frieden und Sicherheit fährt damit fort, ihren Fußabdruck in der weltweiten Politik zu hinterlassen. Sie ist heute eine essenzielle Säule der Weltpolitik.“[82]

In der Präambel des Atomwaffenverbotsvertrags (TPNW) steht, dass die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern gleichermaßen ein unerlässlicher Faktor für die Nachhaltigkeit von Frieden und Sicherheit ist. Außerdem wird die Unterstützung und Stärkung der wirksamen Partizipation von Frauen im Bereich der nuklearen Abrüstung verlangt. Die Partizipation von Frauen bei der Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung hat sich seit der Verabschiedung der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates im Jahr 2000 ausgeweitet, und der TPNW betont heute ausdrücklich, wie wichtig es ist, Frauen bei Fragen der Abrüstung und der Umgestaltung der nationalen Sicherheitspolitik miteinzubeziehen.

Das Bewusstsein davon, wie wichtig es ist, die Standpunkte von Frauen in die Bewältigung globaler Herausforderungen mit einzubeziehen, beschränkt sich nicht auf Frieden und Konfliktlösung. Das Sendai-Rahmenwerk zur Katastrophenvorsorge, das im Jahr 2015 bei der Dritten UN-Weltkonferenz zur Katastrophenvorsorge eingeführt wurde, hält fest, dass Empowerment von Frauen bei der Katastrophenprävention wesentlich für die Stärkung von Resilienz ist. Kürzlich verabschiedete die jährliche Weltklimakonferenz (COP23), die im November 2017 in Deutschland abgehalten wurde, einen Gender-Aktionsplan. Diese Schritte beweisen die allmähliche internationale Anerkennung dafür, dass die Partizipation von Frauen der Schlüssel zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen ist.

An dieser Stelle möchte ich vorschlagen, dass die UN eine Internationale Dekade zum Empowerment von Frauen ausrufen möge, um transformative Effekte in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern. Die Dekade könnte den Zeitraum von 2020, dem 20. Jahrestag der Verabschiedung der Resolution 1325, bis zum Jahr 2030, dem Jahr, in dem die SDGs erreicht sein sollen, umfassen. Diese Dekade würde die Gelegenheit dazu bieten, die Bemühungen für das Empowerment von Frauen zu intensivieren und die Dynamik zur Erreichung der SDGs zu erhöhen.

Ich möchte vorschlagen, dass die UN eine Internationale Dekade zum Empowerment von Frauen ausrufen möge, um transformative Effekte in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern. Das Empowerment von Frauen kann keine optionale Agenda sein: Sie ist eine dringende Priorität für viele Menschen, die sich in entsetzlichen Situationen befinden.

Eine syrische Frau in einem Flüchtlingslager in Jordanien begann als Schneiderin zu arbeiten, in einem Zentrum, das von der UN betrieben wurde. Sie erinnert sich: „Wir fühlten uns nicht länger hilflos – unsere Arbeit stärkte uns und gab uns das Gefühl, dass wir etwas Produktives tun.“[83]

Eine andere Frau, die ihr Zuhause in Burundi verlassen musste, lebt zurzeit in einem Flüchtlingslager im Nachbarland Tansania. Da sie ohne Arbeit war, fühlte sie sich von der Ungewissheit über ihre Zukunft erdrückt. Als sie schließlich an dem Ausbildungsprogramm teilnahm, das vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) organisiert wurde, änderte sich ihre Sichtweise. Sie gewann die Hoffnung, eines Tages in ihre Heimat zurückzukehren, wo sie ihre neu erworbenen Fähigkeiten bei der Brotherstellung nutzen könnte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und ihre Kinder zur Schule zu schicken.[84]

Wie diese Erfahrungsberichte deutlich machen, kann das Empowerment von Frauen zur treibenden Kraft werden, um neue Hoffnung zu wecken und um die Fähigkeit auszubilden, trotz schwieriger Umstände nicht aufzugeben, sondern weiter voranzugehen.

Basierend auf dem buddhistischen Bekenntnis zur Würde aller Menschen, hat sich die SGI beharrlich für das Empowerment von Frauen eingesetzt. Als eine zivilgesellschaftliche Organisation unterstützt die SGI die UN-Kommission für die Rechtsstellung der Frau (CSW), indem sie mit Delegierten an den jährlichen Sitzungen im Hauptquartier der UN teilnimmt. Sie hat außerdem seit 2011 mit anderen Organisationen zusammengearbeitet, um Begleitveranstaltungen zu diesen Sitzungen zu organisieren. Die SGI hat sich außerdem an 80 den Aktivitäten des UN-Menschenrechtsrats beteiligt, indem sie Veranstaltungen unterstützt, die sich damit beschäftigen, wie Religion und Kultur die Frauenrechte sowie die informelle Bildungsarbeit zur Geschlechtergleichstellung voranbringen können.

Bei der Sitzung des CSW im März 2017 wurde eine globale Plattform für Geschlechtergleichstellung und Religion ins Leben gerufen. Sie zielt darauf ab, mehr Anerkennung für die Bedeutung der Frauenrechte und für die Beiträge durch glaubensbasierte Diskurse zu erlangen. Außerdem sollen durch diese Plattform Politik und Gesetzgebung mit Blick auf die Geschlechtergleichstellung auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene mitgestaltet werden.[85]Die SGI wird diese Plattform unterstützen und mit anderen glaubensbasierten Organisationen zusammenarbeiten, damit sie eine Quelle des Empowerment für Frauen und Mädchen in schwierigen Situationen wird. Zusammen mit Partnerorganisationen wollen wir einen Ariadnefaden des Frauen-Empowerment spinnen, mit dem die Menschheit aus dem gegenwärtigen Irrgarten der globalen Herausforderungen herausfinden kann.

Ich hoffe, dass wir mit allen diesen Maßnahmen die Stimmen der Zivilgesellschaft vereinen und eine Dynamik für eine internationale Dekade zum Empowerment von Frauen erschaffen können.

Ich bin davon überzeugt, dass das Ideal einer Welt, in der niemand zurückgelassen wird, so wie es in den SDGs formuliert ist, von allen geteilt und angenommen werden wird, wenn wir danach streben, die Rechte von Frauen und Mädchen – der Hälfte der Weltbevölkerung – zu schützen, und wenn wir uns darum bemühen, eine Gesellschaft hervorzubringen, in der alle Menschen mit Würde und Hoffnung leben können.

Wenn ich mir die Herausforderungen vergegenwärtige, die von heute bis zum Jahr 2030 vor uns liegen, erinnere ich mich an fol­gende Worte, die Rosa Parks mit mir teilte: „Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass Menschen leiden müssen.“ Ihre Mutter, die selbst gegen Diskriminierung kämpfen musste, hatte ihr diese Worte mit auf den Weg gegeben. In diesem Satz ist ein ernsthafter Entschluss enthalten, eine Haltung, die wir brauchen, wenn wir uns über alle Unterschiede erheben, und die gesamte Agenda der SGDs mit Fokus auf den Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter voranbringen wollen.

Dies ist der Schwur der SGI: Wir werden uns dafür einsetzen, das Leben und die Würde jedes einzelnen Menschen zu beschützen und eine breite Strömung der Solidarität unter den Völkern erschaffen, um die Herausforderungen zu überwinden, denen die Menschheit gegenübersteht.

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[1] ICAN, Nobelpreisrede.

[2] Toda, Declaration Calling for the Abolition of Nuclear Weapons.

[3] Dhanapala, The Importance of the UN as a Moral Compass.

[4] Vgl. UN DESA, Population Facts, S. 1.

[5] Arbour, Highlighting “Positive Impact” of Migration Key to Changing Policies, Public Opinion.

[6] Seikyo Shimbun, Kokka no shimin kara sekai no shimin e [Vom Bürger eines Staates zu einem Weltbürger].

[7] Vgl. Humphrey, The Dean Who Never Was, S. 197.

[8] Mandela, Der lange Weg zur Freiheit, S. 116.

[9] Ebd., S.818.

[10] Ebd., S.587.

[11] Ebd., S.818.

[12] Nichiren, Die Schriften Nichiren Daishonins, Bd. 1, S. 1053.

[13] Nichiren, Gosho Zenshu, [Gesammelte Schriften Nichiren Daishonins], S.413.

[14] Makiguchi, Makiguchi Tsunesaburo zenshu [Gesammelte Werke von Tsunesaburo Makiguchi], Bd., S.14f.

[15] Ebd., Bd. 10, S.8.

[16] Mandela, Bekenntnisse, S. 175f.

[17] Toda, Toda Josei zenshu [Gesammelte Werke von Josei Toda], Bd. 3, S.74.

[18] Ebd., Bd. 3, S.78.

[19] Ebd., Bd. 3, S.289.

[20] UN Generalversammlung, Vertrag über das Verbot von Kernwaffen, S. 1.

[21] UN News Centre, Conference to Negotiate Legally Binding Instrument Banning Nuclear Weapons Adopts Treaty by 122 Votes in Favour, 1 against, 1 Abstention.

[22] Khanna, Connectography: Mapping the Futureof Global Civilization, S. 11.

[23] Ebd., S. 14.

[24] Ebd., S. 15.

[25] Vgl. Norman, The Group of Discourses (Suttanipāta), Bd. 2, S. 18.

[26] Nichiren, Gosho Zenshu [Gesammelte Schriften Nichiren Daishonins], S.403.

[27] Nichiren, The Writings of Nichiren Daishonin, Bd. 2, S.472.

[28] UN Generalversammlung, New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten, S.3.

[29] Pariser, Eli, Die Filter Bubble, S.9f.

[30] Ebd., S. 143.

[31] Vgl. HREA, SGI, OHCHR, A Path to Dignity: The Power of Human Rights Education.

[32] OHCHR, Values Enshrined in Universal Declaration of Human Rights under Assault, Must Be Defended.

[33] Nichiren, Gosho Zenshu [Gesammelte Schriften Nichiren Daishonins], S.761.

[34] Vgl. Watson, The Lotus Sutra, S.228.

[35] Ebd., S.82.

[36] Harding und Ikeda, America Will Be!: Conversations on Hope, Freedom, and Democracy, S.50.

[37] Ebd., S.54.

[38] Ebd.

[39] King, The Autobiography of Martin Luther King, Jr., S.221f.

[40] Vgl. ebd., S.222.

[41] Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres [der Republik Österreich], Faith Communities on the Humanitarian Consequences of Nuclear Weapons.

[42] UN, Faith Communities Concerned about the Humanitarian Consequences of Nuclear Weapons.

[43] SGI, Public Statement to the Open-ended Working Group Taking Forward Multilateral Nuclear Disarmament Negotiations.

[44] Reaching Critical Will, Public Statement to the First Negotiation Conference for a Treaty to Prohibit Nuclear Weapons Leading to Their Elimination.

[45] Papst Fraziskus, Ansprache von Papst Franziskus an die Teilnehmer am internationalen Symposium zum Thema Abrüstung.

[46] King, The Autobiography of Martin Luther King, Jr., S.360.

[47] UN Generalversammlung, Vertrag über das Verbot von Kernwaffen, S.6.

[48] Arendt, The Portable Hannah Arendt, S.454.

[49] Vgl. Grotius, Des Hugo Grotius Drei Bücher über das Recht des Krieges und des Friedens, in welchem das Natur- und Völkerrecht und das Wichtigste aus dem öffentlichen Recht erklärt werden, S.406.

[50] Vgl. OPCW, 20 Years of the OPCW: Its Achievements, Future Outlook and Cooperation with Industry.

[51] ICAN, Nobelpreisrede.

[52] Guterres, Secretary-General’s Video Message to Opening of the 2017 Session of the Conference on Disarmament.

[53] Point du Jour International, Khrushchev Does America.

[54] Hoffman, The Dead Hand: The Untold Story of the Cold War Arms Race and Its Dangerous Legacy, S.39.

[55] Yoshida, Japan Still Clings to Outdated “Nuclear Umbrella”.

[56] Vgl. UN 2010 Review Conference of the Parties to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons, S. 19.

[57] Thurlow, Special Contribution.

[58] MOFA, Remarks by H. E. Mr. Fumio Kishida, Minister for Foreign Affairs of Japan At the First Session of the Preparatory Committee for the 2020 NPT Review Conference.

[59] Vgl. UN, On the Objectives and Significance of Prohibiting Nuclear Weapons.

[60]  ICAN, Nobelpreisrede.

[61] Vgl. UNHCR, Figures at a Glance, 2017.

[62] Vgl. UNICEF, Five-Fold Increase in Number of Refugee and Migrant Children Traveling Alone Since 2010.

[63] UN Generalversammlung, New Yorker Erklärung für Flüchtlinge und Migranten, S.6.

[64] Ebd., S.7.

[65] UNHCR, Yusra Mardini zur UNHCR-Botschafterin ernannt.

[66] Ebd.

[67] Fihn, Aikyan jimukyokucho intabyuu [Interview mit der Direktorin von ICAN].

[68] UN DESA, Open-ended Working Group on Ageing: Chair Summary.

[69] Vgl. Ikeda und Weizsäcker, Was sind wir uns wert? Gespräche über Energie und Nachhaltigkeit, S. 140f.

[70] UN, Politische Erklärung und Internationaler Aktionsplan von Madrid über das Altern, S.2.

[71] Vgl. UNISDR, Sendai Framework for Disaster Risk Reduction 2015–2030, S.23.

[72] Vgl. Kamal, Climate Migrants Might Reach One Billion by 2050.

[73] Vgl. UNFCCC, More than 250 US Mayors Commit to 100 % Renewable Energy by 2035.

[74] Vgl. Love, Paris Plans to Banish All but Electric Cars by 2030.

[75] Vgl. C40 Cities Climate Leadership Group, Cities 100: Stockholm – Becoming Fossil Fuelfree by 2040.

[76] Vgl. UNFCCC, Mayors of 140 of World’s Largest Cities Express Commitment to Paris Goals: Montréal Declaration Pledges Climate Leadership.

[77] Vgl. EPA, Global Greenhouse Gas Emissions Data.

[78] Vgl. Botschaft der Volksrepublik China in Japan, Tei eika chunichi taishi ga chugoku shimbunsha to tohoshimpo no kyodo dokusen shuzai wo ukeru [Botschafter Cheng Yonghua gibt der Chugoku Shimbun und der Oriental Weekly ein Exklusivinterview].

[79] Vgl. CLAIR, Japanese Local Governments with Affiliation Agreements by Country and Territory.

[80] Ikeda, Proposal for the Normalization of SinoJapanese Relations.

[81] Vgl. MEXT, Kaigai no daigaku tono daigakukan koryu kyotei, kaigai ni okeru kyoten ni kansuru chosa kekka [Forschungsbericht über Austauschvereinbarungen mit ausländischen Universitäten und Auslandsvertretungen].

[82] UN Women, Women, Peace and Security, an Essential Pillar in Global Affairs.

[83] UN Women, UN Secretary-General Visits UN Women Centre in Za’atari Refugee Camp, His First Stop on His Visit to Jordan.

[84] Vgl. UNHCR, Opportunities to Earn a Living Vital for Burundian Refugees in Tanzania.

[85] Vgl. UN Women, Global Platform on Gender Equality and Religion Launched.