Schutzverfahren im Falle eines Verdachts auf Kindeswohlgefährdung oder Gefährdung von Erwachsenen durch Missbrauch während SGI-D Aktivitäten (Stand 01.02.2023)

Dies ist ein Handlungsleitfaden für den Prozess zur Weitergabe von Bedenken und relevanten Informationen an Stellen, die davon Kenntnis haben müssen, und zur angemessenen Einbeziehung gefährdeter Kinder, Jugendlicher, Erwachsener, Eltern, Familien und Verantwortlicher in der SGI-D. 


1. Verdacht auf Kindeswohlgefährdung oder Gefährdung eines Erwachsenen durch Missbrauch während SGI-D-Aktivitäten wird geäußert von

a) Betroffener

b) Erkenntnis einer/s Betreuers/Betreuerin

c) Dritte

 

2. Hinzuziehung des/der Schutzbeauftragten der SGI-D

a) Dokumentation: Was? Wann? Wie? Wer?

b) Erstberatung der kontaktierenden Person 

  • Anliegen ernst nehmen und eine offene Gesprächsatmosphäre für Personen schaffen, die eine Vermutung äußern
  • Bei akuter Gefährdung Empfehlung an die kontaktierende Person, die örtliche Polizeidienststelle Tel 110 anzurufen
  • ansonsten Empfehlung der Dokumentation von Grenzverletzungen, Übergriffen und anderen Fällen mit Verdacht des sexuellen Missbrauchs Was? Wann? Wie? Wer?
  • Aufzeichnungen sollten vertraulich aufbewahrt werden und nur der/m Schutzbeauftragten zugänglich gemacht werden
  • Keine eigenen Ermittlungen anstellen
  • Vermeidung von voreiligen Urteilen, Vertraulicher und sensibler Umgang mit Vermutungen
  • Sorge tragen, dass Personen nicht vorschnell und gar öffentlich beschuldigt werden

c) Wenn keine akute Gefährdung: Abstimmung gem. Punkt 3


3. Abstimmung des/r Schutzbeauftragten mit Schutzkomitee der SGI-D

a) Abschätzung des Gefährdungsrisikos 

b) Gegebenenfalls im Zusammenwirken von anonymer Fachberatung (FN 1) im Kinderschutz (Mehr-Augen-Prinzip) d. h. Hinzuziehen einer Fachkraft von Wildwasser vor dem Gespräch mit den Eltern und dem Kind oder Jugendlichen bzw. dem Erwachsenen.

Bitte beachten Sie: Geben Sie bei Ihrer Anmeldung zur Beratung keine persönlichen Daten wie Namen, Alter oder Herkunft des Kindes oder Jugendlichen oder persönliche Daten zur Familie an. Die Kinderschutzfachkraft berät, unterstützt und begleitet Sie dabei, erste Schritte hin zum Schutz des Kindes oder Jugendlichen zu planen und ggf. zu unternehmen

Fachberatung:
Wildwasser Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch
Darmstädter Str.101
65428 Rüsselsheim
Tel: 06142 965760
Email: info@wildwasser.de

c) Gemeinsame Beurteilung und Entscheidung, ob

  • Gespräch Betroffene/r
  • Gespräch Eltern
  • Gespräch Tatverdächtige/r

d) Auswahl der Gesprächsführer:innen (mindestens 2 Personen), idealerweise ein SGI-D-Verantwortliche/r der jeweiligen Abteilung und ein/e lokaler/r Verantwortliche/r


4. Gespräch mit 

a) Betroffene/r / Eltern / Tatverdächtige/r

b) Gesprächsführer:innen (mindestens 2 Personen), idealerweise ein SGI-D-Verantwortliche/r der jeweiligen Abteilung und ein/e lokaler/r Verantwortliche/r

c) Gespräche werden vertraulich behandelt, die Eltern müssen informiert werden, wenn der Schutz des Kindes dadurch nicht in Frage gestellt wird.

d) ggf. Schweigeverpflichtungserklärung mit Gesprächsführer:innen


5. nochmalige Beratung im Schutzkomitee 

a) Gesprächsverlauf, nochmalige Abschätzung des Gefährdungsrisikos und Planung der weiteren Handlungsschritte

b) Nochmalige Konsultation mit Fachberatung (FN 1)?

c) Konsequenzen?

  • Ermahnung
  • Teilnahmeverbot an Versammlungen
  • Suspendierung von der Aufgabe in der SGI-D bis zur Klärung (oder rechtskräftigen Verurteilung)
  • endgültige Enthebung von der Aufgabe in der SGI-D
  • Empfehlung einer polizeilichen Anzeige an Betroffene / Eltern
  • Abschluss einer Wohlverhaltensvereinbarung mit Tatverdächtiger/m
  • Schaffung einer lokalen Schutzgruppe, die den Tatverdächtigen bei SGI-D-Aktivitäten begleitet, aber auch kontrolliert


Hinweise:

Von Kindeswohlgefährdung wird gesprochen, wenn die Rechte von Kindern und Jugendlichen nicht gewahrt werden und die gesunde körperliche wie psychische Entwicklung gefährdet ist. Eine   Kindeswohlgefährdung kann das Ergebnis akuter familiärer Krisen oder latenter Vernachlässigung, von Misshandlung oder sexuellem Missbrauch sein. 

Ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, ist oft nicht leicht zu erkennen. Mögliche Hinweise sind:

  • äußere Erscheinung des Kindes/Jugendlichen (z.B. Verletzungen, Körperhygiene,…)
  • Verhalten des Kindes/Jugendlichen (z.B. aggressive/sexuelle Übergriffe auf
  • andere, Suchtmittelmissbrauch, ängstliches Verhalten,…)
  • Entwicklung des Kindes/Jugendlichen (z.B. sprachliche, motorische, geistige,
  • emotionale Entwicklung)
  • Verhalten der Erziehungsberechtigten, der häuslichen Gemeinschaft (z.B. körperliche Gewalt gegenüber dem Kind/Jugendl.; Partnergewalt, Erniedrigen
  • des Kindes…)
  • Familiäre Situation und Lebensumstände (z.B. Kleinkind wird unbeaufsichtigt gelassen, Armut, (drohende) Obdachlosigkeit,…)
  • persönliche Situation der Erziehungsberechtigten, der häuslichen Gemeinschaft (z.B. psychische Erkrankung, Suchtmittelmissbrauch,…)
  • Wohnsituation (z.B. Fehlen einer kindgerechten Ausstattung der Wohnung, vermüllte, verdreckte Wohnung,…)
  • Mitwirkungsbereitschaft und -fähigkeit der Erziehungsberechtigten

Dies ist keine abschließende Aufzählung, Anhaltspunkte müssen immer im Einzelfall beurteilt werden.


(FN 1) Beratung nach §8a und § 8b SGBVII

  • Beratung erfolgt anonym (Datenschutz muss gewahrt werden)
  • Fallverantwortung bleibt bei der jeweiligen Institution (SGI-D)
  • Eventuelle Meldung erfolgt über Institution (SGI-D)
  • Beratung ist kostenlos
  • Am Ende des Gesprächs erfolgt eine gemeinsame Risikoeinschätzung
  • Es werden weitere Schritte vereinbart und protokolliert


Stand 01.02.2023